KGL verlangt grundlegende Überarbeitung des Berichts

Es wurde viel Zeit, Energie und Kosten in den Planungsbericht ZUMOLU gesteckt. Er enthält denn auch viele nützliche und sinnvolle Ergebnisse. In der Summe ist er aber in der vorliegenden Form ungeeignet, als das zentrale Planungsinstrument zu dienen, als welches er vorgesehen ist. Der KGL tritt deshalb nicht auf den Planungsbericht ein, sondern lehnt diesen ab. Entsprechend verzichtet er auf die Eingabe seiner Positionen im E-Mitwirkungstool. Im Interesse der Luzerner KMU-Wirtschaft muss der Bericht zwingend in einigen zentralen Punkten grundlegend überarbeitet werden, damit die Erreichung der definierten Ziele plausibel wird.

Ausgangslage
Für die Luzerner KMU-Wirtschaft sind eine gute Erreichbarkeit und eine effiziente Mobilität von zentraler Bedeutung. Entsprechend wichtig ist ein Planungsbericht zur Zukunft der Mobilität im Kanton. Insbesondere auch, weil er gemäss Regierung die Basis für die kantonalen Richtplaninhalte mit Bezug zur Mobilität bilden soll. Entsprechend hat sich der KGL in der Steuergruppe eingebracht. Dort hat er bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf für ihn bedenkliche Punkte aufmerksam gemacht (vgl. unter anderem Rückkommensantrag vom 12. März 2021). Der KGL fordert eine dynamische und ausgewogene Entwicklung aller Verkehrsmittel. Seine Mitglieder sind aber in erster Linie auf eine effiziente Schieneninfrastruktur und vor allem auf einen zuverlässigen Transport auf der Strasse angewiesen.

Positive Punkte
Der KGL begrüsst es, dass die Möbilität systematisch, breit abgestützt, umfassend und vernetzt weiterentwickelt werden soll. Die im Bericht definierten vier Raumtypen sind ein nützliches Instrument und die enge Verknüpfung mit dem Richtplan ist sinnvoll. Es ist angemessen, dass künftig entlang aller drei Nachhaltigkeitsbereiche geplant werden soll: Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt.

Auf die unausweichlichen Zielkonflikte wird explizit eingegangen (S. 36), auch wenn dabei unerwähnt bleibt, dass in einer zunehmend fragmentierten und individualisierten Gesellschaft mit teils stark ideologisch agierenden Gruppierungen gerade im Mobilitätsbereich nur noch schwer Kompromisse erarbeitet werden können.

Aufgezeigte Entwicklung
Im Bericht finden sich diverse Aussagen zur Entwicklung von Gesellschaft, Technik und Wirtschaft. Es werden Trends aufgeführt, welche eine Attraktivierung des ÖV vermuten lassen. Es werden aber auch immer wieder Faktoren aufgezeigt, die es unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass sich der Anteil des MIV am Modal-Split verringern wird:

  • Der Freizeitverkehr lässt sich deshalb sowohl räumlich als auch zeitlich nicht gleich gut bündeln wie der Pendlerverkehr, womit die Dominanz des MIV in diesem Segment schwer zu brechen ist. (Seite 16)
  • Mobility as a Service (MaaS): Die Gefahr besteht darin, dass je nach Geschäftsmodell zusätzlicher Verkehr generiert wird und … eine unerwünschte Verlagerung vom öV zum MIV stattfindet. (Seite 17)
  • Mit dem Aufkommen von elektrischen Personenwagen ist mit möglichen Reboundeffekten wie beispielsweise die vermehrte Nutzung des Elektroautos und Verlagerungen von öV und FVV auf den MIV zu rechnen, was bisher jedoch nicht nachgewiesen wurde. (S. 17)
  • Automatisierung: Die Nutzung des Personenwagens wird attraktiver, weil während der Fahrt nicht mehr selbst gefahren werden muss und man so arbeiten oder entspannen kann. Es sind Umsteigeeffekte vom kollektiven Verkehr und vom flächeneffizienten Verkehrsmittel auf den MIV zu erwarten. (S. 18)

Auch auf Seite 39 wird aufgezeigt, dass "Wachstum der Bevölkerung", "Zunehmende Alterung der Bevölkerung", "24-Stunden-Gesellschaft" und "Freizeitverhalten und gesellschaftliche Teilhabe" einer Abnahme des MIV-Anteils am Modal-Split entgegenwirken. Der aufgezeigte Modal-Split der Stadt Luzern (S. 52) zeigt: Obwohl seit Jahren gezielt der MIV weniger attraktiv gemacht und auf dessen Kosten der ÖV gefördert wird, sind die Anteile praktisch konstant geblieben.

Trotz dieser Ausgangslage wird im Bericht eine zielstrebige Erhöhung der Kapazität für den MIV (umfassende Massnahmen, nicht nur Strassenbau) faktisch ausgeschlossen.

ÖV braucht massiv Strassenkapazitäten
Die Regierung führt aus, dass "in der Agglomeration Luzern bereits heute zu den Hauptverkehrszeiten die Kapazitätsgrenzen des Strassennetzes erreicht sind" (S. 2). Über 60% des ÖV verkehren auf diesen Strassen. Nun sollen der ÖV das gesamte Mehrvolumen des erwarteten Verkehrs aufnehmen. Das sind rund 30% bis ins Jahr 2040. Damit erhöht sich der Druck auf die Strassenkapazität massiv. Der Trend zum öffentlichen Individualverkehr (öIV) wird dies gemäss Planungsbericht noch verstärken. Da MIV und ÖV also den gleichen Strassenraum benutzen, kann ein Ausbau des ÖV nur zulasten des MIV gehen.

Keine konsequente Unterteilung in MIV Privatverkehr und MIV Wirtschaftsverkehr
Beim Kapitel "Übersicht Ziele pro Raumtyp" (S. 32) wird der Forderung des KGL nachgekommen, den MIV zu unterteilen in "MIV Privatverkehr" und "MIV Wirtschaftsverkehr". So würde sichergestellt, dass eine private Spritztour mit dem Oldtimer nicht gleichgesetzt wird mit einer Warenauslieferung durch zwei Monteure mit einem Kleintransporter.

Bei den Strategischen Stossrichtungen wird diese Unterteilung aber nicht vorgenommen:

Auch in den Aussagen zu den Raumtypen (ab S. 33) wird einfach wieder generell vom MIV gesprochen. Und es wird ausgeführt, dass "innerhalb des urbanen Raums die Mobilitätsbedürfnisse in erster Priorität flächeneffizient und mit kollektiven Verkehrsmitteln abgewickelt" abgewickelt werden soll. Mit anderen Worten: mit dem ÖV.

Eine Auslieferung durch ein KMU kann aber meist schwerlich mit kollektiven Verkehrsmitteln erfolgen, und ein Kleintransporter mit vollem Laderaum und zwei Monteuren ist in diesem Fall das flächeneffizienteste Verkehrsmittel.

Versprochenes Ziel der Strategie können nicht eingehalten werden
Im Kapitel "Ziele Urbaner Raum" (Seite 33) wird als angestrebten Zustand definiert: "Für den MIV wird die heutige Erreichbarkeit erhalten." In Anbetracht der aktuell bereits erreichten Kapazitätsgrenze und dem notwendigen Ausbau des ÖV auf der Strasse ohne deren Kapazitätserweiterung erweist sich dieses Ziel als wenig plausibel.

Auf Seite 43 wird unter "Motorisierter Individualverkehr" zwar aufgeführt: "Falls aus Verkehrskapazitätsgründen eine Differenzierung erforderlich und möglich ist, so ist der Wirtschaftsverkehr gegenüber dem Pendlerverkehr zu bevorzugen und dieser wiederum gegenüber dem Freizeitverkehr." Allerdings wird mit keinem Wort erwähnt, wie das ermöglicht werden soll. Diese Aussage reiht sich leider in viele andere ein, in welchen allen alles versprochen wird. Exemplarisch dazu ist die Aussage auf Seite 29: Die Bedürfnisse aller

Personengruppen – auch der Verkehrsteilnehmenden wie Kinder, mobilitätseingeschränkte Personen oder ältere Menschen – und die Anforderungen der unterschiedlichen Verkehrsmittel sowie die unterschiedlichen Bedürfnisse des Wirtschafts- und Privatverkehrs werden in der Verkehrsplanung bestmöglich berücksichtigt.

Ungeklärte Kosten und Finanzierung
Was man ebenfalls vergeblich im Bericht sucht, sind Aussagen bezüglich Lösungen bei der Finanzierung. Bei der angestrebten grundlegenden Umschichtung des Modal-Splits kommt es zu einer Verlagerung der Kosten von den Privatpersonen zum Kanton. Auf Seite 24 steht nämlich zu diesem Problem: "In der Summe über alle Verkehrsformen liegt der Kostendeckungsgrad bei 80 Prozent. Im MIV ist der Kostendeckungsgrad mit 86 Prozent am höchsten. Demgegenüber stehen die eher tiefen Werte von 44 Prozent beim strassengebundenen öV und 45 Prozent beim Schienenpersonenverkehr (Regional- und Fernverkehr)." Hier sind dringend Aussagen zu machen, welche die Finanzierung der Strategie plausibilisieren.

Nicht zielführende Umverteilung der Kompetenzen
Die Mobilitätsplanung inkl. des Strassenbau-Programms ist in den Augen des KGL als politischer Prozess zu verstehen. Deshalb soll die Kompetenz bezüglich der konkreten Massnahmen nicht bei der Verwaltung und beim Regierungsrat, sondern beim Kantonsrat liegen. Die vom Kanton angestrebte Umverteilung der Kompetenzen sind deshalb abzulehnen.

Fazit:

Die Luzerner KMU arbeiten intensiv daran, ihren Beitrag zu einer laufend optimierten Mobilität zu leisten: Vermeidung unnötiger Transporte durch Digitalisierung, Verlagerung auf die Schiene, Umstellung auf E-Mobilität, flexible Arbeitszeiten, Ermöglichung von Home-Office, Aufbau von Co-Working-Spaces usw. Dennoch werden die Unternehmen auch in Zukunft in erster Linie auf einen permanent fliessenden Strassenverkehr angewiesen sein. Dieser ist aber bereits heute an seiner Kapazitätsgrenze. Ohne gezielte Kapazitätserweiterungen vorzusehen, wird nun als Ziel eine massive Ausweitung des ÖV angestrebt. Dieser wird im Kanton Luzern aber zu über 60% auf der Strasse abgewickelt. Gleichzeitig definiert die Regierung als Ziel, dass der Wirtschaftsverkehr nicht beeinträchtigt wird. Das gleichzeitige Erreichen beider Ziele bleibt leider Wunschdenken, da beide auf die gleichbleibenden Strassenkapazitäten angewiesen sind. Die Zahlen zur Entwicklung des Modal-Splits zeigen denn auch, dass diese Strategie schon in den vergangenen Jahren nicht funktioniert hat. Der Bericht zeigt auf, dass die erwarteten gesellschaftlichen und technischen Entwicklungen auch künftig dazu führen, dass sich der Modal-Split kaum verändern wird. In einer solchen Strategie gehört der Wirtschaftsverkehr zu den Verlierern. Der vorliegende Bericht bildet damit aus Sicht der Luzerner KMU-Wirtschaft keine tragfähige Basis für die Planung der Mobilität im Kanton Luzern. Er ist deshalb zur Überarbeitung einiger zentraler Punkte zurückzuweisen.

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