«80% wollen hybriden Unterricht beibehalten»

Nicht nur die Volksschule und die Berufsfachschulen waren von der Pandemie betroffen. Auch die Höhere Berufsbildung musste sich neu orientieren. Ivo Wittwer, Vizepräsident der IG HBB Zentralschweiz, spricht von seinen Erfahrungen mit dem Fernunterricht.

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Ivo Wittwer, das Bildungswesen wurde durch die Corona-Pandemie auf den Kopf gestellt. Wie zeigt sich das bei Teko Luzern?

Als die Schulen im März 2020 geschlossen wurden, haben wir von heute auf morgen erfolgreich auf digitalen Unterricht umgestellt. Für unsere Studierenden, von denen die meisten ohnehin technikaffin sind, war das kein grosses Problem. Mehr Schulungsbedarf gab es bei den Dozierenden – und zwar nicht nur technisch, sondern vor allem didaktisch.

Wie kommt das neue, digitale Unterrichtsmodell bei Ihren Studierenden an?

Einen Monat nach der Umstellung führten wir eine Umfrage durch, um von den Studierenden zu erfahren, wie sie sich im neuen Modell zurechtfinden. 70 Prozent der Befragten wollten möglichst rasch wieder zum normalen Unterricht zurückkehren. Ein Jahr später führten wir die gleiche Umfrage erneut durch. Diesmal sprachen sich 80 Prozent für die Beibehaltung des digitalen oder hybriden Unterrichts aus.

Worauf führen Sie diese Trendwende zurück?

Weil die Mehrheit der Studierenden langsam die Vorteile des Fernunterrichts erkennt. Man kann sich besser konzentrieren, wenn man allein in einem Raum ist. Man verliert auch keine Zeit, um in die Schule zu fahren. Und man ist nicht von äusseren Einflüssen wie Schnee, Unwetter oder Verkehrsstaus abhängig. Ein Student aus Hospental hielt einmal während dem digitalen Unterricht seine PC-Kamera aus dem Fenster, um zu zeigen, dass er vor seinem Haus einen Meter Neuschnee hatte. Eine Reise nach Luzern wäre für ihn in diesem Moment praktisch unmöglich gewesen.

Wie sieht der digitalisierte Unterricht konkret aus?

Neben dem komplett digitalen Unterricht, bei dem alle – Dozierende wie Studierende – zu Hause am PC sitzen, gibt es auch diverse Mischformen. Zum Beispiel, dass die Studierenden zu Hause sind, der Dozent hingegen im Schulzimmer, weil er zu Hause nicht über die nötige Infrastruktur verfügt. Oder dass die Studierenden in der Schule sind, während der Dozierende aus dem Ausland unterrichtet, weil er gerade auf Geschäftsreise ist. Auch haben wir zurzeit einen Studenten, der jeweils für ein halbes Jahr in der Schweiz ist und dann ein halbes Jahr in Ecuador, wo er eine Surfschule betreibt. Und dann gibt es noch die Situation, dass der Dozent zu Hause ist, während die Studierenden im Schulzimmer sitzen und den Unterricht via Beamer verfolgen.

Hat diese neue Form des Unterrichtens auch Nachteile?

Der Austausch innerhalb der Gruppe ist sicher anspruchsvoller. Wer etwas sagen will, muss das zuerst mit dem entsprechenden Icon signalisieren. Ausserdem leidet das Networking unter den Teilnehmenden. Denn eines ist auch klar: Nach dem digitalen Unterricht kann man nicht gemeinsam einen Kaffee trinken gehen.

Haben ältere Dozierende mehr Mühe mit dieser Entwicklung?

Das kann man so nicht sagen. Wir haben über 60-jährige Dozierende, die begeistert sind von den neuen Möglichkeiten der Technik. Einer dieser Over 60 hat vor kurzem in Griechenland eine Wohnung gekauft. Seine erste Handlung war, die Internet-Leitung auszubauen, damit er von dort aus unterrichten kann.

Sicher ist auch der Schulleiter heute digitaler unterwegs, nicht?

Auf jeden Fall bin ich das. Überhaupt: Die ganze Schule ist heute viel digitaler ausgerichtet als früher. Unser Sekretariat arbeitet seit über einem Jahr im Homeoffice. Wir sind sogar produktiver geworden, weil es weniger Reibungsverluste gibt. Der digitale Unterricht erfordert aber im Unternehmen eine Führungsstruktur, die auf Vertrauen basiert. Wo und wann die Arbeit stattfindet, ist am Ende des Tages irrelevant. Was zählt, ist einzig das Resultat.

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