«Der KGL plädiert dafür, auf die bedingte Gewinnbeteiligung zu verzichten»

Unternehmen mit weniger als fünf Millionen Franken Umsatz sollen ihre während der Corona-Pandemie erzielten Gewinne vollständig zurückbezahlen. Darauf beharrt die Luzerner Regierung, notabene als einziger Kanton in der Schweiz. Damit riskiert sie ein juristisches Nachspiel. KGL-Präsident Peter With erklärt im Interview, warum Luzern den Ruf als KMU-freundlichen Kanton nicht aufs Spiel setzen sollte.

Luzern scheint der einzige Kanton zu sein, der eine vollständige Gewinnrückführung für Betriebe mit weniger als fünf Millionen Franken Umsatz durchsetzen will. Überrascht Sie das?
Mich überrascht vor allem, dass die Regierung nach den Entwicklungen in den anderen Kantonen ihre eigene Position nicht noch einmal überdacht hat. Vor allem die offenbar juristisch wacklige Grundlage der regierungsrätlichen Verordnung erscheint mir nicht geeignet, den Ruf als KMU-freundlichen Kanton aufs Spiel zu setzen.

Weshalb haben sich alle anderen Kantone gegen eine Rückführung entschieden?
Offenbar kam man zum Schluss, dass eine Rückführung einen unverhältnismässigen Aufwand darstellt und zu einer erheblichen Anzahl unerwünschter juristischer Fälle führt. Das belastet die kantonale Wirtschaft unnötig. Da das SECO zudem das Geld nicht zurückfordert, konnte man unabhängig auf kantonaler Ebene entscheiden. Das haben 25 Kantone zu Gunsten ihrer Wirtschaft gemacht.

War der KGL in die Entwicklung der Luzerner Lösung eingebunden?
Ja, dank eines überwiesenen Vorstosses im Kantonsrat wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, in der der KGL zusammen mit verschiedenen Vertretern aus Branchen ohne behördliche Schliessung Einsitz hatte. Nachdem für die behördlich geschlossenen Betriebe bereits eine Lösung vorhanden war, gab es für die diese Branchen wie zum Beispiel im Tourismus, Car-Unternehmen oder im Messewesen noch keine finanzielle Unterstützung, obwohl sie auf Grund der Covid-Massnahmen keine Umsätze mehr hatten. Es war eine grosse Erleichterung, auch diesen Unternehmen finanziell helfen zu können.

Private Gewinne mit Steuergeldern zu machen kann ja nicht die Linie des KGL sein, oder?
Tatsächlich haben wir bei der Ausarbeitung der Regelung diesen Grundsatz unterstützt, zumal dieser auch in anderen Kantonen galt. Nun hat sich die interkantonale Beurteilung aber grundlegend verändert. Zudem macht der Kanton durch sein zweifaches Einschätzungsverfahren aus Verlusten gemäss Steuerveranlagung im Nachhinein Gewinne. Das ist nicht korrekt.

Der KGL ist der Meinung, dass die Luzerner Unternehmen nicht schlechtere Rahmenbedingungen haben dürfen als jene in anderen Kantonen.
Peter With, Präsident des KGL

KGL-Präsident Peter With stellt sich auf den Standpunkt, dass das SECO noch von keinem Kanton eine Gewinnrückführung verlangt habe.  (Bild zvg)

 

Ist man sich innerhalb der Luzerner Wirtschaft bezüglich dieses Geschäfts einig?
Es ist eben gerade der Komplexität der Materie geschuldet, dass kaum jemand eine gefestigte Haltung zu diesem Thema hat. Der KGL ist aber der Meinung, dass die Luzerner Unternehmen nicht schlechtere Rahmenbedingungen haben dürfen als die Unternehmen anderer Kantone. Und wenn diese auf die bedingte Gewinnbeteiligung verzichten, sollte der Kanton Luzern das auch tun.

Die Regierung behauptet, sie hätte mehr ausbezahlt als die anderen Kantone und deshalb sei eine Gewinnrückführung logisch. Stimmen sie dem zu?
Ein Vergleich mit anderen Kantonen ist sehr komplex, da es bei den Fixkostenentschädigungen auf die Struktur jedes einzelnen Unternehmens und den Branchenmix ankommt. In einem Vergleich der Kantone, die ähnliche Fixkostenentschädigungen ausgezahlt haben, liegen wir genau in der Mitte. Auch wenn wir die absolute Höhe der Entschädigungen anschauen, sind wir im üblichen schweizweiten Mittel. Dass der Kanton Luzern grosszügiger ausbezahlt hat als die anderen Kantone, konnte von der Regierung bisher nicht erhärtet werden.

Die Regierung sagt, das SECO würde ihr die Gewinnrückführung vorschreiben. Sie zweifeln daran?
Das SECO hat noch von keinem Kanton verlangt, dass die Gewinne zurückgeführt werden müssen. Vielmehr hat es darauf hingewiesen, dass der Kanton Luzern der einzige Kanton ist, der auf einer vollständigen Gewinnrückführung beharrt. Sollte der Kanton aber auf einer Rückzahlung beharren, würde man zwingend 65 Prozent der Gelder an den Bund überweisen müssen. Dieses Geld bleibt in den anderen Kantonen bei den Betrieben.

Der Kantonsrat hat nun die Regierung beauftragt, Optionen aufzuzeigen. War der KGL hier involviert?
Wir haben gemeinsam mit den bürgerlichen Parteien einen Vorstoss erarbeitet, der die Regierung beauftragt, zusammen mit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) verschiedene Varianten zu prüfen, wie bezüglich den Härtefallgeldern umgegangen werden soll. Wir haben die vielen offenen Fragen zusammengefasst und in die Kommission eingebracht. Zusammen mit der Regierung wird zu klären sein, für welche Option die vorhandenen Entscheidungsgrundlagen sprechen.

Welche Optionen sieht der KGL?
Angesichts der juristischen Komplexität tut sich der Kanton keinen Gefallen, mit Dutzenden Unternehmen vor Gericht zu ziehen. Die Prozesse würden Jahre dauern, ein Vermögen kosten, ein erhebliches Prozessrisiko darstellen und die Unternehmen definitiv schlechter stellen als in allen anderen Kantonen. Am Ende stehen alle als Verlierer da. Aus diesen Gründen plädiert der KGL dafür, auf die bedingte Gewinnbeteiligung zu verzichten.

Ich hoffe, dass die Politik die Weitsicht besitzt, dieses Kapitel endgültig abzuschliessen und in die Zukunft zu blicken.
Peter With, Präsident des KGL

Was ist nun die Erwartung an die zuständige kantonsrätliche Kommission WAK?
Die grosse Herausforderung für die Kommission ist es, ohne exakte Grundlagen einen zukunftsweisenden Entscheid zu fällen. Juristisch sind zahlreiche Fragen ungeklärt und bezüglich der Kosten gibt es bestenfalls Schätzungen. Dabei muss man noch die zusätzliche Arbeit der Verwaltung, die Prozesskosten von Kanton und Unternehmen, allfällige Prozesskostenentschädigungen, Zinsen und vor allem den Reputationsschaden für den KMU-Kanton Luzern berücksichtigen. Es gilt, einen politischen Entscheid zu treffen, nach welchem man die Sache abhaken und wieder nach vorne blicken kann.

Ist es realistisch, dass es eine Lösung geben wird, bei welcher alle gleichgestellt und zufrieden sind?
In der Politik gibt es das nie. Bereits der Bund hat mit der Unterscheidung zwischen Unternehmen über und unter fünf Millionen Umsatz eine Ungleichbehandlung in Kauf genommen. Auch die Unternehmen waren ganz unterschiedlich von den Corona-Massnahmen betroffen: Zum Beispiel konnten einzelne Restaurants in den massnahmenfreien Monaten wieder viel aufholen, andere Unternehmen wie etwa Veranstalter von Messen praktisch nichts.

Wie geht es jetzt weiter?
Ich hoffe, dass die Politik die Weitsicht besitzt, dieses Kapitel endgültig abzuschliessen und in die Zukunft zu blicken. Die Unternehmen sorgen für volle Kassen bei den Steuererträgen und haben nach Corona zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, die wiederum die Erträge bei den natürlichen Personen steigern. Es läuft wirtschaftlich gut im Kanton Luzern und diesen Schwung sollten wir beibehalten.

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