Vroni Thalmann, warum empfehlen Sie ein Nein zu den beiden Agrar-Initiativen, über die das Schweizer Stimmvolk am 13. Juni befindet?
Die beiden Iniatiativen sind zu extrem und völlig marktfremd. Die Trinkwasser-Initiative beispielsweise will allen Landwirtschaftsbetrieben, die irgendwelche Pflanzenschutzmittel einsetzen oder Futter zukaufen, die Direktzahlungen streichen.
Was ist daran schlecht?
Trotz zahlreicher Präventivmassnahmen können die Bauern nicht immer verhindern, dass Krankheiten oder Schädlinge ihre Obstanlagen, Gemüsefelder oder Rebstöcke befallen und damit die Ernte bedrohen. Sie sind deshalb darauf angewiesen, dass sie diese Anlagen mit den von den Behörden bewilligten Mitteln – die übrigens immer biologischer werden – behandeln können. Ein anderes Problem: Hühner und Schweine sind keine Grasfresser. Sie ernähren sich von Getreide und anderen Ackerkulturen. Nicht jeder Betrieb verfügt jedoch über ausreichend ackerfähige Flächen. Folglich sind nur die wenigsten in der Lage, ihre Tiere ausschliesslich mit betriebseigenem Futter zu ernähren.
Und warum wehren Sie sich gegen die Pestizidfrei-Initiative?
Die Pestizid-Initiative will die Verwendung von synthetischen Pestiziden im Inland und bei Importprodukten grundsätzlich verbieten. Das würde bedeuten, dass Herr und Frau Schweizer nur noch Bioprodukte kaufen könnten, was die Kosten für Lebensmittel massiv erhöhen würde. Das wiederum würde zu einem erhöhten Einkaufstourismus führen. Insgesamt würde die einheimische Produktion sinken, während die Importe steigen. Dabei ist noch unklar, ob die Importauflagen aufgrund unserer WTO-Verpflichtungen überhaupt durchsetzbar wären. Ist dies nicht der Fall, ergäbe sich für die Schweizer Landwirtschaft ein enormer Konkurrenznachteil.
Die Bauern sprechen auch von einem negativen Effekt auf die Umwelt. Inwiefern?
Der Verzicht auf Herbizide und die Verwendung von biologischen Pflanzenschutzmitteln führen dazu, dass die Felder viel häufiger befahren werden müssen. Weil zudem mit mehr Ausfällen und einer schlechteren Haltbarkeit zu rechnen ist, erhöht sich der CO2-Ausstoss und auch das so genannte Foodwaste, also die Verschwendung von Lebensmitteln, nimmt zu. Kurz: Für mich sind beide Agrar-Initiativen Mogelpackungen.