Wie will die Schweizer Bevölkerung in 20 Jahren wohnen, arbeiten und einkaufen? Antworten auf diese Frage gibt eine breit angelegte Umfrage des Schweizerischen Baumeisterverbandes (SBV). Im «Tour d’horizon», dem Zukunftsturm des SBV, der zurzeit im Verkehrshaus in Luzern stationiert ist, skizzierten über 6000 Personen ihre Vision der Schweiz der Zukunft – mit allen damit verbundenen Auswirkungen auf Transportinfrastruktur, Stadtentwicklung, Wohnungsbau und Perspektiven für die Randregionen. Die nun vorliegenden Umfrageergebnisse zeigen: Die Erwartungen der Bevölkerung sind hoch. Insbesondere, was die Mobilität betrifft. Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer will 2040 im näheren Umkreis ihres Wohnortes leben, arbeiten und einkaufen. Die Herausforderung für die Bauwirtschaft: Flüssige Transportwege gewährleisten – sowohl für Personen als auch für Waren.
Individualverkehr vor öV
Ein weiteres Resultat der Umfrage: Der aktuelle Trend zur Verbannung des Autos aus den Stadtzentren entspricht nicht dem effektiven Bedürfnis der Bevölkerung. Die Befragten ziehen den motorisierten Individualverkehr (Auto, Motorrad und Roller) dem öffentlichen Verkehr deutlich vor. Erklären lässt sich das laut Kurt Zurfluh, Geschäftsführer Zentralschweizerische Baumeisterverbände (ZBV), «einerseits mit dem Wunsch nach Unabhängigkeit, andererseits mit der rasanten Entwicklung alternativer Antriebe, die das Auto aus ökologischer Sicht wieder attraktiver werden lassen». Auch neue Mobilitätskonzepte, die eine Kombination aus privatem und öffentlichem Verkehr darstellen (Fahrgemeinschaften, autonome Fahrzeuge und Fahrzeuge in Selbstbedienung), würden neue Möglichkeiten eröffnen.
Verdichtung und Urbanisierung
Für 2040 wünschen sich Herr und Frau Schweizer ausserdem, dass sich die Entwicklung der bebauten Fläche primär in den Städten und Agglomerationen abspielt. Trotzdem wollen sie nicht in Wohntürmen oder Kleinstwohnungen leben. Am begehrtesten sind das Einfamilienhaus und 3- bis 4.5-Zimmer-Wohnungen in Mehrfamilienhäusern mit einer Wohnfläche zwischen 80 und 120 Quadratmetern. Die Herausforderung für die Bauwirtschaft: «Wenn man die Gebäude in der Schweiz um ein Geschoss aufstocken würde», sagt Zurfluh, «könnte das Land eine Million zusätzlicher Bewohner aufnehmen, ohne dass ein einziger Quadratmeter zusätzliches Bauland erforderlich wäre.» Andere klimafreundliche Ansätze seien die Sanierung und der Umbau sowie das Ersetzen bestehender Bauten.
Politische Rahmenbedingungen
Um Verdichtung und Lebensqualität zu vereinbaren, müssten allerdings einige Hindernisse bei der Modernisierung des Gebäudeparks aus dem Weg geräumt werden, erklärt Kurt A. Zurfluh. Dazu gehöre zum Beispiel, dass Baubewilligungsprozesse vereinfacht oder Beschwerdeverfahren besser strukturiert und beschleunigt würden. Zudem widersprächen die aktuellen Bestimmungen in Sachen Lärmschutz dem Prinzip der Verdichtung. Auch die Regeln des Heimatschutzes innerhalb der Bauzone seien oft kontraproduktiv, so Zurfluh weiter.
Interaktive Ausstellung
Die Umfrageergebnisse sind seit kurzem in einer interaktiven Ausstellung im Tour d’horizon auf spielerische Art erlebbar. Die Spiele für Klein und Gross thematisieren Herausforderungen für Bauwirtschaft und Gesellschaft, so zum Beispiel «Entwicklung der Rand- und Bergregionen», «Individualverkehr vor öV» oder «Kreislaufwirtschaft und Baumaterialien». Abgerundet wird der Rundgang durch den Themenschwerpunkt «Zukunft Bau», bei dem sich Jugendliche und sonstige Interessierte unter anderem mit VR-Brillen über die ausgezeichneten Ausbildungs- und Karrieremöglichkeiten auf dem Bau informieren können. Die Ausstellung kann noch bis zum 30. Mai 2021 besucht werden. Der Tour d’horizon ist wie das ganze Verkehrshaus täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.