Obwohl Darlehen zwischen Privatpersonen nur verzinst werden müssen, wenn dies vereinbart wurde, sind Darlehen im kaufmännischen Verkehr auch dann zu verzinsen, wenn kein Zins vereinbart ist. Zwischen unabhängigen Dritten wird der Zinssatz üblicherweise durch die aktuellen Marktgegebenheiten beeinflusst. Dagegen spielt der Markt bei Darlehen zwischen nahestehenden Parteien in der Regel nicht mit. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht die ESTV jährlich Rundschreiben, worin sie die steuerlich anerkannten Zinssätze bei Darlehen zwischen Nahestehenden bekannt gibt. Es handelt sich dabei um sog. safe-haven-rules, d. h. eine Verzinsung in diesem Rahmen wird als angemessen anerkannt, aber der Nachweis bleibt möglich, dass im konkreten Fall abweichende Zinssätze durch den Drittvergleich angebracht sind. Die Erbringung dieses Nachweises gestaltet sich jedoch in der Praxis häufig als schwierig, weshalb den Rundschreiben eine hohe Bedeutung zukommt.
Anstieg des Zinsniveaus
Die aktuellen Justierungen am Finanzmarkt und den Anstieg des Zinsniveaus hat man nun auch in den Rundschreiben der ESTV für das Jahr 2023 versucht zu widerspiegeln.
Die massgebende Veränderung der Mindest- resp. Maximalzinssätze zeigt sich in der Tabelle.
Fallstricke bei unangemessener Verzinsung
Durch die Erhöhung der Zinssätze gemäss Rundschreiben verändert sich auch das Ausmass der Konsequenzen bei Nichteinhaltung. Daher soll im Folgenden auf einige Fallstricke bei nicht
drittkonformer Verzinsung hingewiesen werden:
- Wenn bei Darlehen vom/von der AktionärIn an die Gesellschaft die Maximalverzinsung gemäss ESTV überschritten wird, erfolgt im Umfang der übersetzten Verzinsung eine Gewinnaufrechnung, welche nicht als geschäftsmässig begründeter Aufwand und somit als verdeckte Gewinnausschüttung qualifiziert wird. Gewinnausschüttungen unterliegen der Verrechnungssteuer und für den Anteilsinhaber der Einkommens- resp. Gewinnsteuer (Umqualifikation von Zins- in Beteiligungsertrag).
- Wenn bei Darlehen von der Gesellschaft an die/den AktionärIn der Mindestzins nicht eingehalten wird, erfolgt im Umfang der zu tiefen Verzinsung eine Gewinnaufrechnung bei der Gesellschaft und es liegt wiederum eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Die verdeckte Gewinnausschüttung unterliegt der Verrechnungssteuer und für den Anteilsinhaber der Einkommens- resp. Gewinnsteuer. Weitergehende Folgen wie u. a. die Verweigerung der Rückerstattung der Verrechnungssteuer treten oft ebenfalls ein.
- Wenn bei Darlehen zwischen Schwestergesellschaften eine nicht marktkonforme Verzinsung vorliegt, dann handelt es sich um eine sog. geldwerte Leistung. Im Umfang dieser geldwerten Leistung erfolgt eine Gewinnaufrechnung bei der «leistenden» Gesellschaft. Nach der sog. Dreieckstheorie wird die geldwerte Leistung als Gewinnausschüttung an die/den AktionärIn qualifiziert, welche diese als verdeckte Kapitaleinlage in die Schwestergesellschaft einbringt. Die geldwerte Leistung unterliegt der Verrechnungssteuer und für die/den AktionärIn der Einkommenssteuer.
Fazit
Es empfiehlt sich, für Darlehensverhältnisse unter Nahestehenden die Einhaltung des Rundschreibens der ESTV resp. den Nachweis des Drittvergleiches sicherzustellen und laufend zu überprüfen, um ungewollte Steuerfolgen zu vermeiden. Die Fachexperten der Gewerbe-Treuhand beraten Unternehmen und Privatpersonen in diesem Zusammenhang gerne.