Es ist Freitagnachmittag, die Arbeitswoche neigt sich ihrem Ende zu und der Nebel hat sich wie ein undurchdringlicher Mantel über die Region am Sempachersee gelegt. Rechts vor dem Haupteingang der Hans Grüter AG in Oberkirch stehen einige Nutzfahrzeuge vor den grossen Werkstatttoren, die meisten davon sind an der Stromzufuhr angeschlossen und werden geladen.
Drinnen, im Foyer des 2015 neueröffneten Geschäftshauses, ist sofort ersichtlich, womit das Unternehmen Geld erwirtschaftet. Eine ältere Dame interessiert sich für die stylischen und modernen Toiletten, die links an der Wand aufgereiht sind. Auf der gegenüberliegenden Seite, unter der Deckehängend, suchen frei sichtbare Sanitär- und Heizungsrohre den Weg zu ihrem Bestimmungsort. Bei der Hans Grüter AG dreht sich also alles um die verschiedenen Facetten von Haustechnik.
Projekt begann vor vier Jahren
Eine lange Treppe führt hinauf in den ersten Stock, wo mehr Betrieb herrscht. Hier ist die Schaltzentrale des Unternehmens, das im Kanton Luzern über ein paar Filialen verfügt. Die 25 Mitarbeitenden, die in diesem Grossraumbüro angesiedelt sind, kümmern sich um die Akquise und das Abwickeln von Aufträgen mit Unterstützung der Administration.
Reto Grüter, Sohn und Nachfolger des Firmengründers, lädt zum Gespräch und Kaffee in der geräumigen Cafeteria ein. Und erzählt, wie er darauf gekommen ist, auf Elektromobilität zu setzen. «Ich bin ziemlich elektroaffin, diese Antriebstechnik fasziniert mich. Auch sind mir Themen wie Nachhaltigkeit und Unweltschutz wichtig. Aber es geht mir dabei nicht um Ideologie.» Seine ersten Erfahrungen mit der neuen Antriebstechnik habe er schon vor Jahren gemacht, als er sich das erste Hybrid-Auto für den Privatgebrauch zugelegt habe. «Mit der Entwicklung dieser Autos ging ich Schritt für Schritt weiter und stellte schnell fest, dass der Unterhalt um einiges günstiger ist als bei einem Verbrenner.»
Vor gut vier Jahren hat Reto Grüter damit begonnen, auch seine Nutzfahrzeuge auf Elektro-Mobilität umzustellen. Was waren die wichtigsten Schritte, um das Projekt zum Fliegen zu bringen? «Die wirtschaftliche Berechtigung», betont er. Man müsse den Mitarbeitenden erklären, warum man etwas neu einführt. Nur so könne man sie abholen. «Im Baugewerbe sind alle Firmen mit kleinen Margen unterwegs. Die Chance, Kosten reduzieren zu können, gilt es für ein KMU zu nutzen.»
Nicht zuletzt machte er sich vor allem auch Gedanken darüber, wo die elektrischen Nutzfahrzeuge aufgeladen werden können. Erst waren es vier Ladestationen für die Geschäftsautos in der hauseigenen Tiefgarage, «mittlerweile sind es total 16 auf unserem Firmengelände.» Die Investition in eine Ladestation verortet er bei 2'500 Fr. Die elektrische Flotte wird vorwiegend auf dem Firmengelände mit Strom gespeist – und nur in Ausnahmefällen bei einem Mitarbeitenden zu Hause.
Photovoltaik-Anlage auf dem Dach
16 von 22 Geschäftsautos fahren mittlerweile auf Strom ab, bei den Nutzfahrzeugen sind es 14 von 51. «Bis vor ein paar Monaten haben wir einen Verbrenner erst dann mit einem neu gekauften E-Nutzfahrzeug ersetzt, wenn die maximale Lebensdauer erreicht war. Nun sind wir soweit, dass wir das schon früher einleiten», sagt Reto Grüter.
Er tut das, weil es sich rechnet: «Ein E-Nutzfahrzeug kostet uns 3'000 Fr. weniger im Jahr als ein Verbrenner.Der Strom ist um rund 2'500 Franken billiger als Benzin und der Unterhalt rund 500 Franken.» Denn die E-Mobilität verursacht kaum Verschleisskosten und ist darum für einen Garagisten weniger attraktiv. Bei einer Lebensdauer von zehn Jahren kommt da ein hübsches Sümmchen zusammen. «Deshalb ist es für mich erstaunlich, dass nicht mehr KMU auf E-Mobilität setzen.»
Nur: Welchen Einfluss hat die auf dem Dach des Geschäftshauses installierte Photovoltaik-Anlage auf die Umstellung seiner Geschäftsflotte? «Keine», beteuert Reto Grüter überraschend. Er würde auch auf E-Mobilität setzen, wenn er keine solche hätte – und erklärt: «Das Gebäude gehört meiner Immobilienfirma, die der Haustechnik-Firma den Strom verkauft. Der ist natürlich etwas billiger als die 30 Rappen, die die CKW pro Kilowattstunde verrechnet.» An einem Ladegerät auf der Autobahn beträgt der Strompreis rund 50 Rp.
Mehr Geld im Portemonnaie
Die elektrischen Nutzfahrzeuge, die Reto Grüter über verschiedene Garagisten kauft, verfügen über eine Batterie-Leistung von 75 Kilowattstunden. «Im Sommer schafft man damit fast 300, im Winter noch immer etwa 180 Kilometer.» Das tönt nicht nach viel. Aber: «Unsere Baustellen liegen zumeist in einem Umkreis von zehn Kilometern. Da kann man ein paar Mal zwischen Firma und Einsatzort hin- und herfahren, bevor das Fahrzeug wieder aufgeladen werden muss.» Schmunzelnd fügt er an, dass jene Mitarbeiter, die routinierter sind im Umgang mit Elektro-Fahrzeugen, weniger schnell nervös würden, wenn die Anzeige für den verfügbaren Strom immer geringer werde.
E-Mobilität als Antrieb löst in der Belegschaft seiner Haustechnik-Firma kaum mehr Diskussionen aus. Aber ohne Auswirkungen blieb sie nicht. «Es gibt Mitarbeitende, die nun auch privat ein E-Auto fahren. Weil sie gesehen haben, wieviel mehr im Portemonnaie bleibt, wenn man nicht mehr bei einer herkömmlichen Tankstelle Benzin beziehen muss.»