Kann mit einem Wachstum die bestehende Firmenkultur beibehalten werden? Wachstum, sei es organisch oder durch Integration wie in unserem Beispiel, bringt unter Umständen andere Vorstellungen der Zusammenarbeit ein. Hier sind bereits vorgängig klare Definitionen wie zum Beispiel ein Leitbild zu erstellen, welche die Werte der Firma auch für die Zukunft abbilden.
Wirtschaftlichkeit
Heisst mehr Mitarbeitende automatisch mehr Gewinn? Ich erhöhe die fixen Kosten bezüglich Personalaufwand, Administration, technische Einrichtung, u. U. Räumlichkeiten und muss sicherstellen, dass auf der Ertragsseite die entsprechende Steigerung Schritt halten kann. Ein Plan mit klaren quantitativen Zielen auf einer Zeitachse ist für die Kontrolle unumgänglich, sonst besteht die Gefahr, dass ich mich zu sehr auf Umsatzwachstum konzentriere, was nicht eine Steigerung des Gewinnes bedeuten muss. Schlagworte wie Sprungfixkosten und Break-Even-Analyse sind hier zu beachten.
Flexibilität und Kommunikation
Mit einem kleinen Team kann ich agiler sein, oft geschehen Entscheidungen in informellen Meetings, da sehr nah zusammengearbeitet wird. Mit einem grösseren Team benötige ich mehr Strukturen, es braucht mehr Führung, die Wege werden länger. Weiter muss ich in einem grossen Team mehr hinsichtlich interner Kommunikation unternehmen, um denselben Wissensstand gewährleisten zu können. Es benötigt zudem eine klare Regelung der Stellvertretungen.
Neue Rollen
Mit einem grösseren Team wird es unumgänglich, dass Mitarbeitende
zusätzliche Rollen (zum Beispiel in der Führung und Administration) übernehmen. Wollen diese solche Rollen annehmen oder werden sie dazu gedrängt? Oder benötige ich mehr Mitarbeitende, um die notwendigen neuen Funktionen abzubilden? Hier kann mit einer rollenbasierten Organisation gearbeitet werden, was wiederum Einfluss auf die generelle Firmenkultur hat (mögliche Stichworte sind Verantwortlichkeits- und Kompetenzmatrix im Sinne von AKVs).
Innovation
Ein kleines Team kann neue Ideen schnell und unbürokratisch umsetzen, wenn die Voraussetzungen entsprechend gegeben sind (zum Beispiel Finanzen, Kapazität). In einer grösseren Firma dauert es oft länger, bis ein Entscheid zur Umsetzung gefällt wird, da mehr Entscheidungsträger involviert sein können. Dahingegen ist bei einer grossen Firma das Potenzial zur Innovation grösser, wenn den Mitarbeitenden der entsprechende Freiraum gegeben wird.
Perspektiven
In einem grösseren Konstrukt bieten sich Mitarbeitenden Möglichkeiten, die eigene Karriere voranzutreiben, wohingegen in einem kleinen Team Grenzen gesetzt sind. Dafür kann ich in einem kleinen Team selbständiger und vielseitiger agieren.
Stichworte wie Effizienz, Kapazitätsmöglichkeiten, Marktpotenzial, Spezialisierung, standortübergreifendes Arbeiten sind weitere Punkte, welche bei einem angedachten Wachstum kritisch zu beleuchten sind.
Die ideale Grösse eines Unternehmens hängt von der Branche, den Zielen und der Strategie ab. Kleine Teams sind oft agil und effizient, während grössere Teams mehr Kapazität und Spezialisierung bieten können. Ein ausgewogenes Verhältnis, das die Bedürfnisse des Unternehmens erfüllt, ist oft die beste Lösung.
Wirtschaftsförderer Ivan Buck: «Bin stolz auf die Vielfalt und den Branchenmix im Kanton Luzern»
Welche Kriterien sind für Sie als Direktor der Wirtschaftsförderung Luzern massgebend, wenn Sie an die optimale Unternehmensgrösse denken?
Die optimale Unternehmensgrösse gibt es wohl kaum oder nur situativ. Die Auftragslage ist in der Regel volatil und die verfügbaren Ressourcen verändern sich. Diese beiden Aspekte bestmöglich aufeinander abzustimmen, ist eine tägliche Aufgabe von Unternehmerinnen und Unternehmern. Habe ich genügend Ressourcen, diesen Auftrag anzunehmen? Wenn ja, zu welchen Konditionen? Habe ich die geeigneten Mitarbeitenden, um ihn in der geforderten Qualität abzuwickeln? Knapp ans Limit zu gehen und dabei das System nicht zu überreizen (Qualität, Mitarbeitendenzufriedenheit, etc.), ist eine herausfordernde Aufgabe. Ich habe grossen Respekt vor allen Unternehmenden, welche dies immer wieder gut bewältigen.
In früheren Jahren konnte man den Eindruck gewinnen, als ob die Mehrheit der Unternehmen einzig und allein daran interessiert gewesen seien, immer mehr Umsatz zu machen. Hat sich das im KMU-Kanton Luzern verändert? Und wenn ja, was sind die Gründe?
Diese Aussage kann ich so nicht unterschreiben. Die Erkenntnis, dass der Umsatz eine wichtige, aber nicht immer die wichtigste Kennzahl ist, hat sich längst durchgesetzt. Gründe dafür sind die zunehmend wichtigen Lieferketten, der Fokus auf die Qualität und die Verfügbarkeit der Fachkräfte.
Wie beeinflusst der Fachkräftemangel die optimale Unternehmensgrösse?
Firmen brauchen heute oft eine gewisse Grösse, um mit dem technischen und digitalen Fortschritt mitzuhalten, bei grösseren Aufträgen mitzuwirken oder die geforderten Ressourcen bereitstellen zu können, beispielsweise auch bei der Ausbildung von Lernenden. Fehlende Fachkräfte sind dabei häufig der limitierende Faktor.
Welche Vor- und welche Nachteile hat ein KMU mit einer überschaubaren Unternehmensgrösse? Im Kanton Luzern hat ein KMU ja durchschnittlich sechs Mitarbeitende.
Der Kanton Luzern hat in der Tat eine sehr heterogene KMU-Landschaft. 99% aller Luzerner Firmen sind KMU mit durchschnittlich sechs Mitarbeitenden. Dies hat den Vorteil, dass der Kanton Luzern wirtschaftlich überdurchschnittlich krisenresistent ist, was auch die Zeit während der Corona-Pandemie gezeigt hat. Die Qualität und die Verlässlichkeit in den KMU ist in der Regel hoch. Man kennt und schätzt sich.
Dennoch: Wir brauchen auch Grossbetriebe wie beispielsweise MSD, Schindler, Emmi, Thermoplan oder Trisa. Sie tragen zu einer klaren Positionierung der Luzerner Wirtschaft bei, sind bedeutende Arbeitgebende, investieren in Forschung und Entwicklung und helfen mit, das Steuersubstrat im Kanton Luzern weiter zu erhöhen.
In der Kommunikation versuchen wir, das Profil der Luzerner Wirtschaft zu schärfen. Als Direktor der Wirtschaftsförderung Luzern bin ich stolz auf die Vielfalt und den Branchenmix, mit welchem sich die Wirtschaft im Kanton Luzern in den letzten Jahren sehr gut entwickeln konnte. (aci)
