Das Jahr 2020 war aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zweifellos ein schwieriges. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen kam das Bauhauptgewerbe aber noch glimpflich davon, wie Reto Birrer, Präsident des Baumeisterverbandes Luzern (BVL), anlässlich der erstmals online durchgeführten Generalversammlung festhielt. Schweizweit sank die Bautätigkeit um 5,8 Prozent auf 19,5 Milliarden Franken. Birrer geht aber davon aus, dass die 20-Milliarden-Schwelle im laufenden Jahr wieder überschritten werden kann. Und im Kanton Luzern? «Wir verzeichneten bereits im Pandemiejahr eine Umsatzsteigerung», so Birrer. «Und weil in den letzten zwei Jahren der Auftragseingang und der Arbeitsvorrat merklich gestiegen sind und unsere Unternehmen auch ausserhalb des Kantons gut akquiriert haben, rechne ich für 2021 mit einer weiteren Zunahme der Bautätigkeit.»
Anhaltend tiefe Margen
Auffällig ist, dass der öffentliche Tiefbau 2020 im Kanton Luzern zur wichtigsten Sparte avancierte und nun bereits einen Drittel des Gesamtumsatzes ausmacht. Demgegenüber hat sich der Wirtschaftsbau in den letzten fünf Jahren halbiert. Hier erwartet Birrer für die Zukunft eine Stabilisierung. Ein hoher Umsatz bedeutet im Baugewerbe allerdings nicht automatisch einen hohen Gewinn. BVL-Geschäftsführer Kurt A. Zurfluh: «Die Margen sind nach wie vor sehr gering, und es herrscht ein erbitterter Preiskampf.» Er kenne sogar Firmen, bei denen nur drei von sieben Baustellen rentabel seien. Grund zur Zuversicht schöpft Zurfluh aus der Revision des öffentlichen Beschaffungsrechts. So ist vorgesehen, dass bei Aufträgen der öffentlichen Hand in Zukunft nicht mehr allein der Preis entscheidet, sondern auch Qualitätsaspekte und das Anbieten von Lehrstellen berücksichtigt werden sollen.
Anspruchsvolle Lehrlingssuche
Zu den grossen Herausforderungen der Baubranche gehört weiterhin die Nachwuchsförderung. Die Lehrlingszahlen im Bauhauptgewerbe sind gesamtschweizerisch seit einigen Jahren rückläufig. In den Maurerlehrhallen Sursee sank die Zahl der neu eintretenden Lernenden von 413 im Jahr 2011 auf heute 320. Im Vergleich zum letzten Jahr ist die Situation in der Zentralschweiz aber stabil, wobei der Kanton Luzern einen Rückgang von 89 auf 82 Lernende zu verzeichnen hat. Deshalb ersuchte Kurt A. Zurfluh die GV-Teilnehmer, Jugendliche bei jeder Gelegenheit auf die attraktiven Lehrberufe und die guten Aufstiegsmöglichkeiten im Bauhauptgewerbe aufmerksam zu machen. Auch der Verband ist nicht untätig geblieben: In den vergangenen Wochen lancierte er in den traditionellen wie in den sozialen Medien eine Kampagne zur Schnupperlehre auf dem Bau.
Kontrollsystem kommt an
Das im Jahr 2019 eingeführte Online-Kontrollsystem ISAB wird von den Bauunternehmungen erfreulicherweise immer stärker genutzt. Laut Birrer bietet es mehrere Vorteile: «Die ISAB-Card vereinfacht die Kontrollen auf den Baustellen und führt zu einer erhöhten Transparenz, die es letztlich auch erlaubt, schwarze Schafe vom Wettbewerb auszuschliessen.» Zum Schluss der Generalversammlung bot Luzerns Baudirektor Fabian Peter einen Ausblick auf die von Kantonsseite geplanten Bauvorhaben – was die digital Anwesenden äusserst zuversichtlich stimmte. So stehen in den nächsten Jahren allein im Hochbau vier Gross-projekte mit einem Gesamt-Investitionsvolumen von über 600 Millionen Franken an. Es sind dies die Kantonsschulen in Sursee, der Campus Horw, die Zentrale Verwaltung am Seetalplatz in Emmen sowie das Neue Sicherheitszentrum in Rothenburg. Und auch im Tiefbau sind in den nächsten zwei Jahren zahlreiche Kantonsstrassenbauprojekte geplant – vorab in Kriens, in Wolhusen, im Entlebuch und in den Seegemeinden.
Bypass und Durchgangsbahnhof
Weiter informierte Fabian Peter über den Stand der Dinge bei den beiden verkehrstechnischen Megaprojekten im Kanton Luzern, die durch den Bund geplant und grundsätzlich auch von ihm finanziert werden. Das Projekt «Bypass» befinde sich zurzeit im Plangenehmigungsverfahren des Eidg. Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), bei dem unter anderem die Einsprachen behandelt würden. Peter geht davon aus, dass der Baubeginn frühestens 2025 erfolgen und die Bauzeit 12 bis 13 Jahre betragen wird. Auch die Planung des Durchgangsbahnhofs laufe, so Peter. Ein Baustart sei aber bestenfalls ab 2029 möglich. Die geplante Inbetriebnahme ist für das Jahr 2040 vorgesehen.