Regierungsrat Fabian Peter: «Es darf keine extremen Lösungen geben»

Als Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdirektor spielt FDP-Regierungsrat Fabian Peter eine Schlüsselrolle bei der Weiterentwicklung der Mobilität im Kanton Luzern. Der ehemalige Unternehmer agiert dabei als geschickter Vermittler – und versucht verschiedene Bedürfnisse und Ansprüche unter einen Hut zu bekommen. Kein leichtes Unterfangen.

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Fabian Peter, Regierungsrat, Vorsteher des Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartementes

Fabian Peter, was bedeutet Mobilität für Sie persönlich?

Mobilität ist ein Grundbedürfnis für mich und alle Menschen, die hier leben. Wir haben in der Schweiz grossen Wohlstand, entsprechend hoch ist auch der Anspruch an Mobilität. Jeder will sich möglichst einfach fortbewegen. Und schnell von A nach B kommen.

Vor dem Eintritt in die Regierung waren Sie Unternehmer. Was für eine Rolle spielt Mobilität im Gewerbe?

Eine enorm wichtige. Mobilität ist die Basis für erfolgreiches Gewerbe. Ich habe früher mit meinem Bruder einen Handwerksbetrieb geleitet. Wenn ein Kunde uns dringend gebraucht hat, mussten wir los. Da konnten wir nicht auf den nächsten Bus oder Zug warten – wir haben uns in den Firmenlieferwagen gesetzt und sind losgefahren. Ich sehe es deshalb als Aufgabe der Politik, möglichst viel Mobilität zu gewährleisten – und zwar auf die Bedürfnisse angepasst. In der Stadt gibt es weniger Platz. Deshalb müssen wir den vorhandenen Platz so nutzen, dass möglichst viel Mobilität abgewickelt werden kann. Flächeneffiziente Lösungen sind gefragt, deshalb spielt der ÖV in der Stadt auch eine grosse Rolle. Anders als in Romoos, wo der ÖV-Takt nicht so hoch ist und man daher eher dem Auto den Vorzug gibt.

Optimale Mobilität definiert jede und jeder anders. Individualverkehr und öffentlicher Verkehr. Schiene und Strasse. Das Spannungsfeld dazwischen ist enorm, oder?

Klar. Mobilität ist allen wichtig. Da ist man sich einig. Doch bei der konkreten Umsetzung und Ausgestaltung der Massnahmen gehen die Meinungen mitunter weit auseinander. Aber genau da wird’s ja spannend.

Inwiefern?

Weil es Kompromisse braucht, um Konsens zu erreichen. Jeder muss sich bewegen – und die persönliche Meinung auch mal zurückstecken können. Eine gute Lösung ist eine Lösung, hinter der viele unterschiedliche Interessengruppen letztlich stehen können. Deshalb darf es aus meiner Sicht nie extreme Lösungen geben. Wenn man gemeinsam ein grosses Ziel verfolgt, findet man auf dem Weg dahin – also bei Details und einzelnen Etappen – immer eine taugliche Lösung. Davon bin ich überzeugt. Wenn man aber schon von Anfang an in komplett unterschiedliche Richtungen rennt, führt das zu nichts.

Ein Mobilitätsprojekt mit höchster Priorität ist der Bypass Luzern. Er verfolgt das grundsätzliche Ziel, den Durchgangsverkehr auf der Nord-Süd-Achse um die Stadt herum zu führen. Wieso sind Sie so überzeugt von diesem Vorhaben?

Weil es viele bestehende Probleme löst und allen Beteiligten erhebliche Vorteile bringt. Der Bypass soll den Transitverkehr vom lokalen Verkehr trennen. Dadurch kann das Zentrum der Stadt Luzern entlastet werden, der Verkehr rund herum besser fliessen – und das ganze Verkehrssystem im Grossraum Luzern weniger anfällig gemacht werden. Ereignet sich heute ein Unfall auf der Autobahn, kollabiert gleich der ganze Verkehr in und um die Stadt. Bei einer Trennung von Durchgangsverkehr und städtischem Verkehr würden also insbesondere auch die Quartiere profitieren. Hinzu käme, dass die vorgesehene Stadtautobahn mehr Platz schaffen würde – nicht zuletzt auch für die Busse im ÖV-Netz, die zwischen Stadt, Agglo und Landschaft verkehren. Man darf nicht vergessen: In der Region Luzern spielt sich 70% des gesamten öffentlichen Verkehrs auf der Strasse (also in Bussen) ab! Das ist eine gewichtige Zahl.

Ein Knackpunkt innerhalb des Bypass-Projekts ist der Abschnitt der A2 in Kriens. Die Autobahn soll dort – zwischen Sonnenberg und Schlund – möglichst vollständig überdacht werden. Wieso ist das so wichtig?

Weil wir aus der Erfahrung lernen sollten. Nehmen Sie das inzwischen beerdigte Projekt «Spange Nord» als Beispiel: Auch dort ging es im Grundsatz darum, den Verkehr umzuleiten um Entlastung zu schaffen – jedoch wären in den Quartieren zahlreiche Menschen direkt betroffen gewesen. Sie fürchteten sich vor mehr Verkehr, mehr Abgasen und mehr Lärm. Entsprechend heftig war der Widerstand. Sobald man eine Strasse aber in einen Tunnel verlegen kann, sind automatisch viel weniger Leute tangiert. Eigentlich nur noch diejenigen beim Eingang und Ausgang des Tunnels. Das ist natürlich ein riesen Unterschied. Ich bin deshalb sehr froh, dass sich zwischen der Gemeinde
Kriens, uns vom Kanton Luzern und dem Bundesamt für Strassen (Astra) nun eine Annäherung abzeichnet in diesem Punkt. Nicht zu vergessen ist, dass die Fahrzeuge in Zukunft auch sauberer und leiser sein werden.

Das zweite Mammut-Projekt in Sachen Mobilität ist der Durchgangsbahnhof Luzern. Wer sich nicht näher damit beschäftigt, könnte etwas lapidar fragen: «Braucht’s den wirklich?» – Ihre Antwort?

Der Durchgangsbahnhof ist für den Schienenverkehr im Kanton Luzern absolut essenziell. Insbesondere mit Blick auf die Zukunft. Es führt aus meiner Sicht buchstäblich kein Weg dran vorbei. Wir haben im Bereich Obergrund/Gütsch ein extremes Nadelöhr auf der Schiene, das nicht zu beheben ist. Nicht heute – und auch nicht in Zukunft. Die mögliche Maximalkapazität von 22 Zugpaaren, dies diese Stelle pro Stunde passieren können, ist bereits ausgeschöpft. Theoretisch wäre mit letzter Kraftanstrengung vielleicht noch ein 23. Zugpaar möglich, was die Situation aber auch nicht mehr merklich verbessern würde. Dann ist aber Feierabend – und zwar definitiv. Es muss also zwingend etwas passieren.

Können Sie die grundlegenden Vorteile des Projekts kurz erläutern?

Zentrales Element des Durchgangsbahnhofs ist eine tiefergelegte Durchmesserlinie, welche die Achsen Basel-Luzern, Bern-Luzern und Zürich- Luzern verbindet – und zudem eine neue Nord-Süd-Verbindung via Luzern schafft. Der Durchgangsbahnhof würde dem nationalen, aber auch regionalen Zugverkehr damit enorme Zusatzkapazitäten verschaffen. Mehr und bessere Verbindungen wären die Folge – in alle Richtungen. Auch enger getaktete Fahrpläne und kürzere Reisezeiten, etwa von Luzern nach Zürich. Erst mit dem Durchgangsbahnhof können mehr Züge aus den Regionen, aus dem Entlebuch, aus dem Seetal, aus Luzern-Ost oder aus Sursee nach Luzern fahren. Deshalb ist das Projekt für den ganzen Kanton so wichtig – der Durchgangsbahnhof wäre ein Meilenstein in Sachen Mobilität. Auch für Luzern als Tourismus-Destination und Wirtschaftsstandort.

Sie sind mit ihren 45 Jahren noch vergleichsweise jung im politischen Umfeld. Nun fallen gleich zwei Projekte in Ihre Amtszeit als Regierungsrat, die ganze Generationen prägen könnten, falls sie gelingen. Ist es das, was sie antreibt? Etwas Handfestes und Nachhaltiges zu schaffen?

Es ist eine schöne Aufgabe, wenn man sich für wichtige Projekte wie diese engagieren kann. Immer im Wissen, dass sie weit über die eigene Amtszeit hinausgehen werden. Ich bin grundsätzlich in der Politik, um etwas zu bewegen und zu gestalten. Dafür gehe ich gerne raus aus meiner Komfortzone und suche den Kompromiss – weit über Parteigrenzen oder persönliche Befindlichkeiten hinaus. Bei grossen Vorhaben muss man in der Lage sein, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Der Bypass ist ein Entlastungsprojekt für die Strasse, der Durchgangsbahnhof ist ein Wachstumsprojekt für die Schiene. Beides ist gleichermassen wichtig. Man kann nicht sagen «lasst uns nur das eine tun, weil nur das eine gut ist und das andere schlecht.» So ist es nicht. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse. In der Mobilität genauso wie in allen anderen Lebensbereichen. Dem sollten wir stets Rechnung tragen.

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