Das Ziel ist gesetzt: Im Jahr 2050 soll der ganze Kanton Luzern klimaneutral sein und seine Treibhausgasemissionen auf netto null reduzieren. KGL-Direktor Gaudenz Zemp hat an der diesjährigen DV in Entlebuch angekündigt, dass der Gewerbeverband deutlich früher an diesen Punkt gelangen will: «Wenn 2050 sowieso alle klimaneutral sein sollen, müssen wir vom KGL natürlich früher dran sein. Sonst können wir euch ja gar nicht Tipps geben und beraten, wie man das erreichen kann.»
Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend
Auch weitere Faktoren begünstigen die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit. So ist das Bewusstsein bei vielen Konsumentinnen und Konsumenten gestiegen und die Kundschaft verlangt vermehrt nach nachhaltig hersgestellten Produkten. Viele der Kundinnen und Kunden sind zudem Arbeitnehmende. Je nach Orientierung kann eine nachhaltige Ausrichtung ein KMU so auch an Attraktivität als Arbeitgeber gewinnen und sich besser im Wettbewerb um Talente durchsetzen. Ähnliche Tendenzen sind bei Auftraggebern und Investoren festzustellen. KMU, die als Zulieferer fungieren, werden vermehrt auf die Herkunft ihrer Rohstoffe angesprochen und zahlreiche Auftraggeber erwarten von ihnen nachhaltige Lieferketten. Auch Investoren berücksichtigen öfter «grünere» Anlagen. Hier kann vorzeigbares, ökologisches Wirtschaften den Unterschied bei der Finanzierung ausmachen. In wirtschaftlich unsicheren Zeiten mit Konflikten, wie aktuell dem Ukraine-Krieg, die mit steigenden Rohstoffpreisen einhergehen, kann auch der Wunsch nach weniger Abhängigkeit von Öl und Gas zur Anschaffung einer Wärmepumpe oder Photovoltaik-Anlage motivieren. Nachhaltigkeit ist – allen Anzeichen nach – mittlerweile definitiv mehr als ein vorübergehender Trend.
Als nicht-affines KMU kann der Übergang zu mehr Nachhaltigkeit Verunsicherung auslösen. Trotz des arbeitsintensiven Vorhabens gibt es gute Nachrichten: Die KMU müssen diesen Effort nicht unbedingt komplett alleine stemmen. Das Zauberwort heisst Fördermittel.
Vielfältiges Angebot auf allen Staatsebenen
Die Herausforderung dabei ist jedoch im dichten Dschungel der Förderangebote auf Bundes-, Kantons- und Gemeindeebene die Übersicht zu behalten. Denn es kommen auch wiederholt neue Angebote dazu: So werden seit Anfang Jahr im Kanton Luzern Ladeinfrastrukturen für E-Mobilität finanziell gefördert.
Zudem gilt es insbesonders die Richtigen miteinander zu verbinden. Denn wenn man mit zu wenigen Informationen bereits vorprescht und Fördermittel beantragt, kann man sich den Weg zur idealen Kombination wortwörtlich «verbauen». Ganz grundsätzlich müssen folgende Punkte zwingend beachtet werden:
• Fördermittel müssen in der Regel vor einem allfälligen Baubeginn von Massnahmen beantragt werden (doch auch hier bestehen Ausnahmen, so können etwa Gesuche für die erwähnte Förderung von E-Mobilität erst nach Baubeginn eingereicht werden).
• Für einige Unterstützungsbeträge sind zudem gewisse Voraussetzungen wie etwa ein Gebäudeenergieausweis (z.B. GEAK Plus) nötig.
• Einige Fördermittel schliessen sich gegenseitig aus. So ist beispielsweise eine Kombination der Klimaprämie und kantonaler Förderbeiträge nicht zulässig, weil die CO2-Wirkung nicht doppelt angerechnet werden kann.
Massnahmen kombinieren führt zum Klimaziel
Aufgrund der zahlreichen Details und vielfältigen Angeboten lohnt es sich in der Regel auf eine Beratung durch Experten zu setzen (siehe Links am Schluss). Solche bietet unter anderem die Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) an. «Schnell und kostengünstig umsetzbare Massnahmen gibt es insbesondere im Bereich Beleuchtung und Heizung», sagt Erich Kalbermatter von der EnAW.
Um klimaneutral zu werden braucht es in der Regel eine Kombination von Massnahmen aus sechs Bereichen. Dazu zählen einerseits allgemeine Felder, wie etwa die Wahl neuer Energieträger, Anpassung von Wärme- und Kältenetzen und generelle Effizienzmassnahmen. Andererseits bestehen auch betriebsspezifische Massnahmen um das Ziel zu erreichen. Dazu zählen Anpassungen der eigenen Prozesse oder Produkte, sowie falls gegeben, Weiterverwendung oder Kompensation der CO2-Emissionen.
Kleine Schritte können schon viel ausmachen
An einem Praxisbeispiel aus der Region kann Kalbermatter aufzeigen, wie wirksam bereits auch kleinere Massnahmen sind. Die EnAW begleitete die Tschopp Holzindustrie AG in Buttisholz etwa beim Ersetzen der alten Leuchtmittel in mehreren Arbeitshallen. Mit dem Umstieg von Halogen-Röhren auf LED- Leuchten beträgt der Energieverbrauch nun nur noch etwas mehr als die Hälfte im Vergleich zu vorher. Und dabei ist so gleichzeitig eine noch bessere Leuchtkraft als zuvor erreicht worden. Erfahrungswerte der EnAW zeigen, dass je nach Bereich noch deutlich mehr Einsparungspotenzial besteht. Zu den Spitzenreitern zählen Abwärme (100 Prozent) sowie Verwaltung/Büros (70 Prozent).
Digitale Standortbestimmung kann Hinweise geben
Wer Hemmungen hat eine Beratung in Anspruch zu nehmen oder zuerst einfach mal vergleichen will, wie das eigene KMU bezüglich Nachhaltigkeit abschneidet, dem stehen Online-Lösungen offen. Eines davon ist das neu lancierte «esg2go». Dieses KMU-Rating wurde von der Universität Zürich mit Unterstützung von UBS, Credit Suisse und dem Versicherungskonzern Zurich entwickelt. Es soll KMU erlauben ihre Nachhaltigkeitsleistung mess- und vergleichbar zu machen – ähnlich wie beim bereits üblichen Reporting von Grossunternehmen. Interessierte geben einige Eckdaten ihres Unternehmens selbstständig in eine Online-Maske ein und erhalten anschliessend einen automatisierten Nachhaltigkeitsbericht, der Stärken und Schwächen in verschiedenen Schlüsselbereichen aufzeigt. So können KMU ab 250 Franken bereits Hinweise darauf bekommen, wie sie im Vergleich zur Konkurrenz stehen. Das Rating soll dereinst als Art Zertifikat gelten, dass Nachhaltigkeistbemühungen belegen kann.