Es war ein Kleinstbetrieb, den Daniel Durrer im Jahr 2001 von seinem Vater übernahm. Die Sägerei in St. Niklausen, der Umgebung von Sarnen, sicherte damals zwei Arbeitern ein Einkommen. Mit viel Organisationstalent, Geschick, Leidenschaft und Einsatzwillen machte der gelernte Zimmermann daraus ein kontinuierlich wachsendes KMU, indem er die Angebotspalette stetig erweiterte: Bodenbeläge, Trockenbau, Deckenbau, Montagearbeiten, Renovation, Umbau, Holzbau usw.
Mit der erfolgreichen Akquise von Aufträgen stieg die Anzahl Mitarbeitender. Es kamen immer mehr Grossbaustellen dazu – und Daniel Durrer war in der fristgerechten Abwicklung der Aufträge bisweilen auf die Unterstützung von Unterakkordanten angewiesen.
Freude an der Arbeit schwand
Die starke Auslastung seiner Firma trieben ihn und die zwei Mitarbeitenden, die er im Büro beschäftigte, an die Grenzen ihrer Schaffenskraft. «Neben den Kunden telefonierten uns auch die Mitarbeitenden auf den verschiedenen Baustellen, um Fragen zur Ausführung des Auftrags zu stellen. Wir hingen über die ganze Zeit nur noch am Telefon», erinnert sich Daniel Durrer an eine Zeit, die ihm als Chef und den Büroangestellten an die Nieren ging. Die Freude an der Arbeit schwand und blieb letztlich ganz auf der Strecke. «Weil alle am Anschlag waren, wurde die Atmosphäre gereizter. Das wirkte sich negativ auf unsere Firmenkultur aus und belastete alle.»
Grundlegende Fragen gestellt
Im Jahr 2016, als die Grossbaustelle auf dem Bürgenstock ein Ende gefunden hatte und der Personalbestand auf «gegen 50 festangestellte Mitarbeitende» angewachsen war, stellte sich Daniel Durrer grundlegende Fragen über die künftige Ausrichtung seines Unternehmens: Was will er nicht mehr? Wofür soll seine Firma stehen? Und damit einhergehend: Was ist dafür die optimale Unternehmensgrösse?
In diesem Prozess ist der Geschäftsleiter und Firmeninhaber auf ein paar grundlegende Erkenntnisse gestossen: «Die Nähe zu den Kunden, deren Betreuung und eine hohe Arbeitsqualität waren uns immer wichtig. Aber das haben wir durch die Aufträge auf Grossbaustellen zunehmend aus den Augen verloren. Uns blieb kaum mehr Zeit dafür.»
Denn auf Grossbaustellen kommt in aller Regel jene Firma, die schnell und preisgünstig arbeitet, zum Handkuss. «Die Margen sind gering», weiss Daniel Durrer. Vor diesem Hintergrund kam er zum Schluss, dass «mehr Umsatz für mich und meine Mitarbeitenden in erster Linie mehr Ärger bedeutete, unter dem Strich aber nicht mehr im Portemonnaie blieb.»
Projekt in aller ruhe besprechen
Deshalb reifte in ihm der Gedanke, sein Unternehmen wieder zu verkleinern. «Bei kleineren Projekten fällt die Wertschätzung unserer Arbeit umso höher aus», hat er praktisch bei jeder Gelegenheit feststellen dürfen. «Ich wollte mir wieder Zeit nehmen für Kunden, die ein Projekt mit uns realisieren wollten. Und das heisst: Am Abend beim Auftraggeber, wenn er selber Feierabend und Zeit hat, vorbeigehen, um seine Vorstellungen und deren Umsetzung in aller Ruhe zu besprechen.»
Mittlerweile ist er bei der Hälfte des Personalbestandes von 2016 angekommen. «Das Unternehmen zählt aktuell 23 Mitarbeitende – und das», sagt er im Brustton der Überzeugung, «soll auch so bleiben.»
Ich wollte mir wieder mehr Zeit nehmen für Kunden, die ein Projekt mit uns realisieren wollten.
Verfechter der «Siebner-Regel»
Denn Daniel Durrer ist zu einem Verfechter der «7er Regel» in der Personalführung geworden. Noch nie was gehört von der 7er Regel?
Das ist keine Erfindung Durrers. «Davon habe ich selber vor einiger Zeit in einem studierten Wirtschaftsbüchlein», wie er ökonomische Fachmagazine salopp bezeichnet, «gelesen.» Und das Konzept passt ihm wie auf den Leib geschneidert.
Daniel Durrer erklärt, wie es funktioniert: «Ein Vorarbeiter betreut maximal sechs Mitarbeitende. So hat er immer die Kontrolle und den Überblick, was sie gerade machen und wie der Projektstand ist.» Die Durrer Sägerei und Trockenbau GmbH, die 2022 das 100-Jahre-Jubiläum feiern durfte, zählt also je drei Teams zu je sieben Personen und zwei Mitarbeitende im Büro.
Eines der Teams führe er selber. «Dazu gehört auch die Sägerei. Diesen Beruf kann man ja nicht mehr erlernen, weil er abgeschafft wurde. Also gibt es auch praktisch keine Fachleute mehr. Wenn mein angelernter Mitarbeiter in der Sägerei Ferien hat, bin ich seine Ablöse», sagt Durrer. Er sei ein Gegner der heutigen Erziehung, redet er sich ins Feuer: «Letzthin war ich an einem Berufsbildungsabend. Da wurden erst mal 20 Berufe, die erlernt werden können, aufgezählt. Nicht einer davon kam mir nur im Geringsten bekannt vor. Nach einem Weilchen fragte ich, ob es den Sanitär und Elektriker eigentlich auch noch gäbe?»
In der Schule würden die Kinder auf den gymnasialen Weg getrimmt, glaubt er und bricht eine Lanze für die Berufslehre: «Handwerker sind meiner Ansicht nach genauso viel wert wie Gymnasiasten.»

Jahrelange Firmentreue
Auch wenn das Erlernen von handwerklichen Berufen in ländlichen Gegenden – also dort, wo sein Unternehmen beheimatet ist – beliebter ist als in urbanen, so trägt er Sorge zu seinen Mitarbeitern. «In diesem Jahr werden schon wieder drei Personen ein Jubiläum feiern dürfen, weil sie zehn und mehr Jahre bei uns arbeiten. Die langjährige Treue ist ein Qualitätsmerkmal unserer Firma. Nicht selten fragen Kunden, die vor einigen Jahren gute Erfahrungen mit einem unserer Mitarbeiter gemacht haben, nach, ob sie bei ihrem nächsten Projekt wieder auf dessen Dienste zählen dürfen», sagt Durrer nicht ohne Stolz.
Guter Ruf im Wallis
Der gute Ruf seines schweizweit tätigen Allround-Unternehmens macht sich mittlerweile im Wallis breit. «Und das gänzlich ohne Werbung. Nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda», betont Daniel Durrer. Und erzählt davon, wie seine Firma jüngst das national denkmalgeschützte Haus des Gemeindepräsidenten von Simplon-Dorf umbauen durfte. «Seinen Namen hatte ich zuvor noch nie gehört. Aber irgendwer muss uns weiterempfohlen haben. Denn schon seit einiger Zeit bauen wir im Wallis alte Geissenställe zu Ferienwohnungen um oder modernsieren alte Ferienhäuser.»
Dabei kommt seiner Firma zu Gute, dass es im Wallis kaum mehr gute Handwerker gebe, wie Daniel Durrer ausführt. «Die kleinen Dörfer haben den jungen Leuten fast nichts zu bieten. Darum ziehen die meisten nach Visp oder Brig, um bei der Lonza zu arbeiten. Und für uns liegt das Wallis näher als Zürich, erst recht, wenn man dabei durch den Gubrist-Tunnel fahren muss.»
Wenn alles passt, wie es ist
Der Vater einer Teenagerin hat seine Firma so positioniert, dass es für ihn und seine Werte stimmt. Zwar hat er immer noch ein Arbeitsvolumen, das ihn auslastet und herausfordert, zu stemmen. Aber er, der im Büro, in der Sägerei und auf dem Bau arbeitet, leistet es mit Freude.
Darum sagt Daniel Durrer: «Es passt alles so, wie es ist. Die Grösse des Magazins, die Parkplätze für die Geschäftsautos, einfach alles. Das Unternehmen wieder zu vergrössern, kommt für mich nicht mehr in Frage. Denn so müsste ich ein ein grösseres Magazin bauen lassen und für zusätzliche Parkplätze sorgen. Das macht aber keinen Sinn.» (aci)

