Michael Hermann: «Die Linke kann dennoch keinen Sitz einfordern»

Auf nationaler Ebene ist der Parteienproporz ein wichtiges Element der Konkordanz. Im Bundesrat sind alle massgebenden Parteien gemäss ihrer Wählerstärke vertreten. Auf kantonaler und kommunaler Ebene kennt man das nicht. Vor den Luzerner Regierungsratswahlen Anfang April rufen die Linken nach Konkordanz. Ist ihr Anliegen berechtigt?

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Die Zauberformel. Sie steht sinnbildlich für die  Schweizer Konkordanzdemokratie. Die Zauberformel ist ein Gentleman's Agreement und legt nach Proporz fest, wieviele Sitze jede massgebende Partei im siebenköpfigen Bundesrat zugesprochen erhält. In der Regierung sind derzeit die  FDP mit Karin Keller-Sutter und Ignazio Cassis vertreten, die SVP mit Guy Parmelin und Albert Rösti, die SP mit Alain Berset und Elisabeth Baume-Schneider sowie die Mitte mit Viola Amherd.

Die Linke verlangt nach Konkordanz, wenn es ihr nützt
Ein wichtiger Teil der Konkordanz ist es, eine möglichst grosse Anzahl an Parteien und somit Weltanschauungen in den politischen Prozess einzubinden und Enscheidungen mittels Konsens herbeizuführen. Unsere Konkordanzdemokratie zielt auf Stabilität und kontinuierliche Entwicklung ab.
Doch bei Wahlen auf kantonaler und kommunaler Ebene gibt es keinen Parteienproporz für die Bestellung der Exekutive. Jene fünf Kandidierenden, die bei den Luzerner Regierungsratswahlen am 2. April am meisten Stimmen erhalten, sind gewählt.
Weil die linken Parteien in der Luzerner Exekutive seit 2015 und dem Rücktritt von Yvonne Schärli nicht mehr vertreten sind, wird nun ihr Ruf nach Konkordanz laut. Bei FDP-Kantonsrat Gaudenz Zemp stösst dieses Anliegen jedoch auf taube Ohren: «Die SVP versucht in der Stadt Luzern seit mehreren Wahlen vergeblich, in die Regierung zu kommen. Hier hört man von der Linken nie etwas in Richtung Konkordanz.»

Für den Politikwissenschaftler hinkt der Vergleich
Wie steht ein Politikwissenschaftler dazu? Der national bekannte Michael Hermann sagt, dass er den kompetitiven Wettbewerb auf kantonaler Ebene für richtig halte. Allerdings ist für ihn das Fehlen der Linken in der kantonalen und das der SVP in der kommunalen Regierung nicht ganz vergleichbar. Hermann begründet: «Die SVP ist Teil des bürgerlichen Lagers. Einige ihrer Standpunkte decken sich mit der FDP und werden von dieser vertreten. Darum ist es meiner Einschätzung nach etwas Anderes, wenn das gesamte linke Spektrum im Regierungsrat nicht abgedeckt wird.  Dennoch kann die Linke keinen Sitz einfordern. Denn auf kantonaler und kommunaler Ebene gibt es freie Wahlen. Und die Konkordanz beruht auf der Art und Weise des Politisierens und nicht auf Parteienproporz.»

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