Andrea Gmür, welches ist für Sie der entscheidende Punkt, der gegen die UVI spricht?
Ich unterstütze die Ziele der Initiative, aber der Weg dazu ist nicht umsetzbar und würde unsere Unternehmen in der Schweiz massiv benachteiligen.
Was ist denn nicht umsetzbar?
Es geht um eine Sorgfaltsprüfung mit entsprechender Haftung in der gesamten Lieferkette. Stellen Sie sich vor: Ein Schweizer Kaffeehändler müsste bis ins Ursprungsland der Kaffeebohne zurückverfolgen und kontrollieren, ob alle seine Lieferanten die internationalen Standards einhalten. Nicht einmal Max Havelaar kann dies garantieren.
Sollten Firmen denn nicht haften für Verfehlungen, die sie sich in Sachen Kinderarbeit oder Umweltverschmutzung zu Schulden kommen lassen?
Doch, aber das ist heute schon der Fall. Firmen haften dort, wo sie den Schaden angerichtet haben. Eben hat das oberste Gericht Sambias eine Schweizer Firma verurteilt. Die Initiative geht aber viel weiter. Sie dehnt die Haftung aus. Das ist einzigartig auf der Welt. Schweizer Unternehmen haften künftig auch für das Verschulden von anderen. So besteht das Risiko, dass korrekte handelnde KMU mit missbräuchlichen Klagen eingedeckt werden. Es gibt russische und chinesische Unternehmen, die auf diese Klagemöglichkeiten warten.
Viele multinationale Unternehmen mit Sitz in der Schweiz werden zurzeit ohne Schuld verteufelt.
Und dagegen wehre ich mich. Die Initianten argumentieren immer mit den gleichen schwarzen Schafen, um alle Schweizer Unternehmen unter Generalverdacht zu stellen. Die allermeisten Unternehmen verhalten sich aber korrekt. Sie schaffen Arbeitsplätze und Perspektiven vor Ort. Dadurch kommen auch viel weniger Wirtschaftsflüchtlinge in die Schweiz.
Kleinere Firmen werden sicher selten in eine Situation geraten, wo sie sich verantworten müssen. Einverstanden?
Ja, aber es gibt aber auch KMU mit ausländischen Tochterunternehmen. Oder denken Sie an den Händler, der Holz oder andere Rohstoffe aus dem Ausland importiert. Gemäss einer Studie sind etwa 80 000 Unternehmen von der Initiative betroffen. 80 Prozent davon haben weniger als 10 Mitarbeitende.
Ihr Fazit?
Wir können mit Ungerechtigkeit gegenüber unseren KMU keine Gerechtigkeit auf der Welt schaffen. Wenn wir Nein sagen zur Initiative, tritt automatisch der indirekte Gegenvorschlag in Kraft, der die wichtigsten Anliegen der Initianten aufnimmt, ohne dass Unternehmen für etwas haftbar gemacht werden, wofür sie nichts können.