Am 9. Februar 2025 stimmten die Kantone Solothurn und Baselland gegen die Einführung eines kantonalen Mindestlohns. Im Kanton Luzern hat die Diskussion über die Einführung eines Mindestlohns mit dem knappen Parlamentsentscheid in der Stadt Luzern im Juni 2024 an Bedeutung gewonnen. Und seit wenigen Tagen sind nun politische Bestrebungen in der Gemeinde Emmen bekannt, wonach auch dort ein Mindestlohn eingeführt werden soll.
Die Einführung des Mindestlohns in der Stadt Luzern ist für das Jahr 2026 geplant. Dies im Wissen um das Urteil vom November 2024, in welchem das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich kommunale Mindestlöhne für unvereinbar mit kantonalem Recht beurteilt. Die Kantone Neuenburg, Jura, Genf, Tessin und Basel-Stadt kennen Mindestlohnregelungen, die teils gerichtlich überprüft wurden. Ein landesweiter gesetzlicher Mindestlohn besteht nicht, eine nationale Initiative ist 2014 an der Urne abgelehnt worden.
Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit
Das Büro der KMU- und Gewerbegruppe des Luzerner Kantonsrats will zusammen mit dem KMU- und Gewerbeverband Kanton Luzern (KGL) nun für klare Verhältnisse in der Lohnpolitik sorgen. Per Motion wird der Regierungsrat beauftragt, eine Gesetzesänderung zu erarbeiten, welche festlegt, dass im Kanton Luzern die Lohnfestlegung allein durch den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit und auf Basis von sozialpartnerschaftlichem Konsens erfolgen kann. Dies sichert die Wettbewerbsfähigkeit des Kantons Luzern und seiner Gemeinden und stärkt die Sozialpartnerschaft. Es soll entsprechend festgelegt werden, dass ein kantonaler Mindestlohn unnötig und kommunale Mindestlohnregelungen verunmöglicht werden. Das Gebot der Gleichbehandlung direkter Konkurrenten bzw. das Rechtsgleichheitsgebot sind im kantonalen Gesetz wenn nötig flankierend zu verankern. Der Vorstoss wurde von den Mitgliedern des Büros der KMU- und Gewerbegruppe, das sich zusammensetzt aus je zwei Kantonsräten aus Mitte, SVP und FDP, und weiteren bürgerlichen Kantonsrätinnen und Kantonsräten unterzeichnet.
Primat der Sozialpartnerschaft nicht aufweichen
Der Vorstoss ist in keiner Weise eine generelle Absage an Regelungen von Lohn-Untergrenzen. Erstunterzeichner Urs Marti betont: „Es ist wichtig, dass auch im Kanton Luzern kein Lohndumping erfolgt und damit die wirtschaftliche Konkurrenzsituation negativ beeinflusst wird. Auch sind wir klar der Meinung, dass die Arbeitnehmer zu schützen sind. Das Primat der Sozialpartnerschaft darf aber nicht durch staatlich verordnete Mindestlöhne aufgeweicht werden.“
Die Löhne in der Schweiz werden traditioneller- und sinnvollerweise durch die Sozialpartnerschaft geregelt, wobei Arbeitgebende und Arbeitnehmende ohne staatlichen Eingriff Gesamtarbeitsverträge oder Normalarbeitsverträge aushandeln. Aus folgenden, nicht abschliessenden Gründen, werden kantonale und kommunale Lösungen als gefährlich erachtet:
- Gefährdung von Arbeitsplätzen: Unternehmen mit geringen Margen müssen Personal abbauen, um gestiegene Lohnkosten zu kompensieren.
- Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit: Gegenüber anderen Kantonen oder Gemeinden ohne Mindestlohn wird der Standort unattraktiver.
- Höhere Konsumentenpreise: Unternehmen geben Mehrkosten an die Kunden weiter, was die Lebenshaltungskosten erhöht.
- Schwächung der Berufslehre: Wenn ungelernte Arbeitskräfte ähnliche Löhne erhalten wie Fachkräfte, sinkt der Anreiz für eine Aus- und Weiterbildung.
- Mehr Bürokratie: Unternehmen und Behörden müssen zusätzliche Vorschriften und Kontrollen umsetzen, was Ressourcen bindet.
- Soziale Anstellungen in Gefahr: Organisationen im sozialen Bereich könnten weniger Menschen beschäftigen, da sie höhere Löhne nicht mehr finanzieren können.
Für KGL-Direktor Jérôme Martinu ist klar: „Die Schweizer Wirtschaft macht bekanntlich nicht an den Kantonsgrenzen Halt, möglichst gleiche Verhältnisse im Arbeitsmarkt sind entsprechend existenziell. Werden Mindestlöhne kantonal oder zunehmend gar kommunal festgesetzt, droht ein unkontrollierbarer Wildwuchs. Die Sozialpartnerschaft ist bewährt und sorgt für hohe Verbindlichkeit. Staatliche Mindestlöhne hingegen gefährden diese wichtige Partnerschaft, untergraben die Tarifautonomie und schwächen die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, insbesondere von KMU.“ Urs Marti ergänzt: „Es kann nicht sein, dass die Gewerbetreibenden von Kanton zu Kanton oder gar von Gemeinde zu Gemeinde andere Voraussetzungen vorfinden.“
Luzerner Gutachten überholt
Hinzu kommt die Tatsache, dass das Zürcher Verwaltungsgericht mit Urteil vom November 2024 die kommunalen Mindestlohn-Einführungen in Zürich und Winterthur kassiert hat. Pikanterweise stützt sich die Stadt Luzern für die Mindestlohneinführung auf ein juristisches Gutachten vom 3. Juli 2023, das vom gleichen Verfasser stammt, der schon für die Städte Winterthur, Kloten und Zürich eine solche juristische Beurteilung zu kommunalen Mindestlöhnen erstellt hat und der damit gerichtlich unterlag. Konkret: Das Gutachten sagt, der Mindestlohn sei als sozialpolitische Massnahme kommunal zulässig, das Zürcher Verwaltungsgericht urteilt gegenteilig. Das Gutachten muss entsprechend als überholt beurteilt werden.
Auch das Bundesgericht hat schon zu Mindestlöhnen urteilen müssen. Das höchste Eidgenössische Gericht anerkennt die Befugnis der Kantone, zur Erreichung sozialpolitischer Ziele Mindestlöhne einzuführen. Diese müssen jedoch mit dem Bundesrecht vereinbar sein. Kommunale Mindestlohnregelungen wurden als unzulässig erklärt, da sie die Kompetenzen der Gemeinden überschreiten.