In der Privatwirtschaft wenden Bewertungsunternehmen unterschiedliche Bewertungsansätze zur Bestimmung von Unternehmenswerten an. Die schweizerischen Steuerbehörden haben ihre Bewertungsmodelle hingegen standardisiert. Die Schweizerische Steuerkonferenz (SSK) bestimmt im Kreisschreiben Nr. 28 (kurz «KS 28») die Bewertungsmodelle für nicht kotierte Unternehmen zu Steuerzwecken. Diese Werte sind massgebend für die Vermögenssteuer oder für die steuerliche Beurteilung von Unternehmenstransaktionen. Zwar ist das KS 28 für die Steuerbehörden nicht per se verbindlich. Trotzdem wird es von Steuerbehörden grundsätzlich angewendet. Es existieren jedoch kantonale Sonderregeln.
Bewertungsmodelle
Das KS 28 stellt für Unternehmensbewertungen auf die sogenannte Praktikermethode ab. Diese Bewertungsmethode wird bei klassischen Unternehmensbewertungen in der Privatwirtschaft gerne angewendet.
Die Bewertung orientiert sich an den Vermögenswerten (Substanzwert) und am Gewinn (Ertragswert) des Unternehmens. Damit sollen das bereits erwirtschaftete Kapital als auch das zukünftige Ertragspotential des Unternehmens angemessen berücksichtigt werden. Bei der Bewertung wird meistens der Substanzwert einfach und der Ertragswert doppelt gewichtet.
Der Substanzwert bildet im Wesentlichen das Eigenkapital des Unternehmens ab. Stille Reserven beeinflussen grundsätzlich den Substanzwert. Der Ertragswert stellt auf den nachhaltigen Reingewinn des Unternehmens ab. Während einige Kantone die aktuellen Zahlen des Unternehmens abwarten, verwenden andere Kantone wie Luzern zur Förderung der Veranlagungseffizienz die Vorjahreszahlen. Der Reingewinn wird um ausserordentliche Positionen bereinigt und mit einem von der Eidgenössischen Steuerverwaltung festgelegten Zinssatz zu einem Ertragswert kapitalisiert. Während bei langjährig erfolgreichen Unternehmen der Substanzwert über die Jahre eher zunimmt, ist bei jungen Unternehmen häufig der Ertragswert der Treiber des Unternehmenswerts.
Beispielbewertung der X. AG im Kanton Luzern per 31.12.2022
Bilanz per 31.12.2021 | CHF |
Aktiven | 500'000 |
Fremdkapital | 350'000 |
Substanzwert | 150'000 |
Gewinn 2021 | 50'000 |
Gewinn 2020 | 60'000 |
Kapitalisierungssatz 2021 | 9.5% |
Nachhaltiger Gewinn: (Gewinn 2021 x 2 + Gewinn 2020 x 1) / 3 | 53'333 |
Ertragswert: Nachhaltiger Gewinn / Kapitalisierungssatz | 561'404 |
Unternehmenswert (gerundet): (Substanzwert x 1 + Ertragswert x 2) / 3 | 424'000 |
Spezielle Bewertungsansätze
Bei Holding- oder Immobiliengesellschaften sowie bei neugegründeten Gesellschaften liefert die klassische Bewertungsmethode keine angemessenen Werte. Deshalb werden im KS 28 für diese Unternehmen andere Bewertungsmethoden vorgeschlagen. Bei diesen Ansätzen hat der Substanzwert in der Regel ein höheres Gewicht.
Steuerplanung
Das KS 28 zeigt transparent, welche Regeln zur Bewertung des Unternehmens für Steuerzwecke herangezogen werden. Je nach Geschäftsgang kann sich der Unternehmenswert von Jahr zu Jahr damit jedoch stark verändern.
Die Steuerbehörden stellen im KS 28 in Aussicht, dass die Bewertungsmethoden auf Antrag verändert werden können. Diese Änderungen sind in klar gesetzten Schranken möglich und müssen während 5 Jahren beibehalten werden. Eine den kurz- und mittelfristigen Geschäftsaussichten angepasste Bewertungsmethode kann aber zu deutlich tieferen Vermögenssteuerwerten führen.
Es kann sich also lohnen, beim Ausfertigen der privaten Steuererklärung das Bewertungsschema des Unternehmens kritisch zu hinterfragen und eine Umstellung der Methode - unter Berücksichtigung kantonaler Besonderheiten - zu prüfen. Gerne steht der Autor bei Fragen unterstützend zur Verfügung.