Während derzeit wegen den Auswirkungen der OECD-Mindeststeuer die Vernehmlassung zur Weiterentwicklung der Standortförderung läuft, gibt es im Kanton Luzern weiteren Bedarf zur Verbesserung der finanzpolitischen Rahmenbedingungen. Eine Analyse zeigt: Die aktuelle Bewertungspraxis des Kantons Luzern von nicht börsenkotierten Unternehmen führt zu unrealistisch hohen Unternehmenswerten. Dies hat gewichtige negative Auswirkungen. Einerseits werden inhabergeführte KMU aufgrund der hohen Belastung durch die Vermögenssteuern benachteiligt im Wettbewerb gegenüber Genossenschaften mit Anteilscheinen ohne Steuerwert (wie beispielsweise die Detailhändler Migros oder Coop). Ebenso besteht die Benachteiligung gegenüber Firmen in ausländischem Besitz oder der öffentlichen Hand (beispielsweise Axpo, Schweizerische Post). "Andererseits hemmt oder verhindert die aktuelle Bewertungspraxis Familiennachfolgen und Mitarbeiterbeteiligungen bei kleinen und mittleren Unternehmen", wie Kantonsrat Guido Roos (Die Mitte, Wolhusen) erklärt. Die aktuelle steuerliche Bewertungspraxis fördert damit den Verkauf von KMU an ausländische Unternehmen oder an solche, die der öffentlichen Hand gehören. "Und diese volkswirtschaftlich schädlichen Anreize gilt es zu korrigieren", so Roos. Der Mitte-Kantonsrat hat zusammen mit weiteren Kantonsräten und Wirtschaftsvertretern, so etwa dem KMU- und Gewerbeverband Kanton Luzern (KGL), die Situation analysiert.
Grund für die Problematik ist, dass die von der kantonalen Dienststelle Steuern für die Unternehmen errechneten Werte oftmals deren tatsächlichen Verkehrswert weit übersteigen. Hauptsächlich dafür verantwortlich ist der sogenannte Kapitalisierungszinssatz. Er ist für die Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert relevant und wird zur Berechnung des Ertragswertes verwendet. Und wie sich zeigt, liegt der von den Luzerner Steuerbehörden zur Berechnung verwendete Kapitalisierungszinssatz markant tiefer als die realen Zinssätze. Der Kanton Luzern beruft sich in seiner derzeitigen Praxis zur Ermittlung des Verkehrswerts auf die Wegleitung der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK). Deren Empfehlungen sind allerdings für die Kantone nicht bindend.
Verschiedene Kantone praktizieren bereits eigene Lösungen
Der Luzerner Regierungsrat wird darum per Postulat aufgefordert, die kantonale Steuerverordnung rasch möglichst, spätestens per Jahreswechsel 2027 mit einer speziellen Regelung zu ergänzen: Sie soll der Regierung die Kompetenz erteilen, den Kapitalisierungszinssatz jährlich festzulegen. Der Zinssatz soll neu nicht tiefer als bei 10 Prozent angesetzt werden und damit zu einem in der Praxis realistischen Verkehrswert der Unternehmen führen.
Die Lösung des Kantons Luzern soll sich dabei an der Lösung des Kantons Thurgau anlehnen, wo der Regierungsrat auf Basis der Steuerverordnung jährlich den Kapitalisierungszinssatz beschliesst, welcher von der SSK-Empfehlung abweicht. Auch andere Kantone wie St. Gallen oder Appenzell Ausserhoden wenden eine abweichende Praxis an. Guido Roos ist überzeugt: "Mit der geforderten Anpassung wird die Benachteiligung bei der Besteuerung von inhabergeführten Unternehmen verhindert und somit die KMU-Wirtschaft des Kantons Luzern gestärkt." Für KGL-Direktor Jérôme Martinu ist klar, dass die Anpassung notwendig ist: "Insbesondere bei den Vermögenssteuern hat der Kanton Luzern Verbesserungspotenzial. Wir sind zuversichtlich, dass der Regierungsrat nicht nur die Problematik anerkennt, sondern auch die nötigen Korrekturen einleitet."