Ruedi Ernst, der Generation Z eilt bei den Arbeitgebenden der Ruf voraus, schwieriger zu sein als die Generationen davor. Die Rede ist von geringerer Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft sowie selbstzentriertem Verhalten. Trifft das zu?
Die Generation Z ist, wie alle vorhergehenden Generationen, in eine von ihren Eltern und Grosseltern massgeblich geprägten Gesellschaft und Umwelt hineingeboren worden. Die von Vorgesetzten und Mitarbeitern in der Arbeitswelt beschriebenen Wahrnehmungen der geringeren Belastbarkeit und Leistungsbereitschaft sowie des selbstzentrierten Verhaltens dieser Menschengruppe hat ihre Berechtigung, aber nicht nur. Sie ist Teil von vorhandenen Ereignissen, die so erlebt werden. Ich bin mir nicht sicher, ob es richtig ist, davon zu sprechen, dass eine bestimmte Gruppe von Menschen «schwierig» ist. Fakt ist: Es gibt Tendenzen von Verhaltensweisen, die im Alltag Vorgesetzte und/oder Lehrpersonen verstärkt oder in einer neuen Art herausfordern. Wenn Erfahrungen und Strategien fehlen, wie damit konstruktiv umzugehen ist, erleben wir es als schwierig. Heisst: «Junge» und «Alte» finden (noch) keinen Konsens.
Warum sticht diese Generation gegenüber früheren heraus?
Für mich gibt es da Parallelen zwischen der Ausgangslage der Jugendlichen betreffend der körperlichen und seelischen Situation in der Pubertät und jener, in der wir uns aktuell als Gesellschaft und Menschheit generell befinden. Die Pubertät ist die Umbauphase, die Krise im Leben schlechthin, wenn man Tempo und Tiefgründigkeiten der Veränderungen eines Menschen, einer Persönlichkeit, betrachtet. Die körperliche Entwicklung und der heutige technischen Entwicklungsstand auf unzähligen Ebenen ermöglichen es eigentlich einem jungen Menschen, die ganze Welt zu erobern. Die Krux: Die Seele, also die Persönlichkeit, kann mit dieser rasanten Entwicklung nicht Schritt halten. Das kann bei einem Menschen zu unterschiedlichsten internen und externen Interessenskonflikten führen.
Wie äussert sich das konkret?
Aus meiner Erfahrung ist das Sich-Positionieren in den verschiedensten Alltagssituationen für Jugendliche eine besondere Herausforderung. Je klarer Fixpunkte bekannt sind und je vertrauter der Kurs, umso klarer das Handeln. Je diffuser, je unklarer diese sind, desto grösser das Risiko, dort zu landen, wo man gar nicht will. Das kann in der Folge auch Ängste auslösen. Der Umgang der betroffenen Person kann Verhaltensweisen auslösen, die das Umfeld in der Folge als herausfordernd erlebt. Für mich ist die Digitalisierung und die künstliche Intelligenz ein Symbol für das, was wir als Gesellschaft zurzeit erleben. Eine technische Entwicklung sondergleichen: Realität und Fiktion scheinen sich miteinander zu vermischen. Was wahr und was fake ist, wird noch schwieriger zu unterscheiden sein, als es bisher schon war. Dazu kommen noch die Probleme auf dieser Welt, die Kriege, die Massenflucht von Menschen, die Klimaerwärmung usw. Und nicht zuletzt der durch Social Media verstärkte Druck auf Heranwachsende, in jeder Situation erfolgreich zu sein und dabei gut auszusehen.
Erster Alpine Food Hackathon 2024
Das Netzwerk Alpines Wirtschaften organisiert am 12. und 13. April im hochmodernen QUBO in Sarnen die erste Ausgabe des Alpine Food Hackathons 2024. Das Wort «Hackathon» setzt sich aus den Begriffen «Hacking» und «Marathon» zusammen. Bei einem Hackathon versuchen verschiedene Menschen, Lösungen für ein bestimmtes Problem zu finden. Es geht darum, kreativ zusammenzuarbeiten und gemeinsam Ideen und Konzepte zu entwickeln. Diese werden zu einem späteren Zeitpunkt weiterverfolgt. Ergänzt wird das Programm von spannenden Key Notes und einem coolen Rahmenprogramm.
90 Teilnehmende im Alter von mindestens 16 Jahren werden in 15 Teams drei Challenges zum Thema Nahrung bearbeiten. Die Teilnahme steht allen motivierten und interessierten Personen offen, die in den Bereichen Landwirtschaft, Ernährung und Lebensmittelproduktion, Tourismus, Gastronomie oder Hotellerie tätig sind. Das Ziel des Netzwerk Alpines Wirtschaften ist es, die nachhaltige lokale Selbstversorgung durch Innovation für die einheimische Bevölkerung und die Gäste des alpinen Lebensraumes in der (Zentral)schweiz zu fördern. Interessiert? Weitere Infos und Anmeldung gibt es auf
Sie haben über drei Jahrzehnte Berufserfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen. Was ist Ihre Herangehensweise, um mit der Gen Z einen guten Austausch pflegen zu können?
Ich bin ich und bleibe echt. Ich bin an meinem Gegenüber interessiert und will es kennenlernen. Ich will die Person in ihrer Art, wie ich sie wahrnehme, verstehen und nicht bewerten. In «ihrer Art verstehen» heisst für mich, dass ich eine Handlung, eine Aussage immer als ein Phänomen oder Symptom für eine ganz spezifische Geschichte dahinter sehe. Das heisst: Alles, was jemand sagt und tut, hat mit seinen Veranlagungen, dem ganz individuell und persönlich erlebten Werdegang zu tun. Und mit der Verfassung, in der sie sich gerade befindet. An diesem Punkt versuche ich, die Person abzuholen. Ich weiss als Mensch und Coach, dass mein Gegenüber die Antworten für ihre Fragen in sich trägt. Das bedeutet für mich, diese Antworten an die Oberfläche zu holen. Und dies in einem weiteren Schritt in konkretes Handeln umzuwandeln. Das ist die eigentliche Herausforderung im Coaching.
Welche strategische Grundhaltung steckt dahinter?
Erstens: Neugierig sein und verstehen wollen. Zweitens: Mit Worten und Handlungen Räume schaffen, die dem Gegenüber die Sicherheit geben, Schritt für Schritt Neues auszuprobieren. Die dabei gemachten Erfahrungen reflektieren zu können, ohne nach richtig oder falsch zu bewerten. Drittens: Mein Gegenüber lernt Haltungen und Sichtweisen kennen, die es erlauben, sich seinen Visionen, Zielen und Aufgaben zu nähern, anstelle sich von ihnen weg zu bewegen.
Ein durchschnittliches KMU im Kanton Luzern hat sechs Mitarbeitende, davon in aller Regel ein Lehrling. Was empfehlen Sie einem Chef oder einer Chefin im Umgang mit dem jüngsten Teammitglied, damit die Ausbildung für beide Seiten ein Erfolg wird?
Meine Anregung ist, sich mit folgenden Fragestellungen und Gedanken auf einen Weg des Wandels und der gegenseitigen Annäherung zu begeben:
- Unter welchen Umständen gelang oder misslang bisher das Begleiten und Fördern von Menschen mit herausfordernden Verhaltensmustern im Betrieb am besten?
- Was war das Wesentliche, dass es positiv oder negativ verlief? Was war von Ihnen persönlich unternommen worden? Was war der Beitrag von anderen Personen?
- Was waren die Rahmenbedingungen? Was waren strukturelle Bedingungen, die diese Entwicklungen unterstützt oder aber verhindert haben?
Zur Person
Der Sozialpädagoge Ruedi Ernst (62) berät seit bald 35 Jahren Jugendliche, die zumeist von ADHS betroffen sind, und begleitet sie in die Berufswelt. Er verfügt über reichlich Erfahung und ein grosses Netzwerk. Vor bald drei Jahren hat er sich in Emmenbrücke selbstständig gemacht. Weiterführende Infos zu Ruedi Ernst und seinem Angebot gibt es auf