Am 13. Feburar 2022 hat das Schweizer Stimmvolk das Bundesgesetz über ein Massnahmenpaket zugunsten der Medien mit 54,6 Prozent abgelehnt. Das Paket sei zu überladen gewesen, so der Tenor der Analysten nach dem Urnengang. Ausschlaggebend sei wohl gewesen, dass nicht klar war, wieviele der zusätzlich jährlich 151 Millionen Franken bei Grossverlagen gelandet wären – trotz der vielen Sympathien gegenüber kleinen Medien.
Damit ist eine stärkere Unterstützung der finanziell oft gebeutelten Medien auf nationaler Ebene vorerst eher kein Thema mehr – auch eine «Light»-Version der Abstimmungsvorlage hatte im Sommer keine Chance im eidgenössischen Parlament. Doch die Herausforderungen bleiben, weshalb das Thema nun auf kantonaler Ebene weiterbeschäftigt.
Drei Medien-Vorstösse im Luzerner Kantonsrat
Im Luzerner Kantonsrat sind gleich drei Vorstösse eingereicht worden. Neben Fragen zur grundlegenden Auslegeordnung und der Rolle des Medienausbildungszentrums MAZ, werden dabei auch Kantonsbeiträge an Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden gefordert. In einer gemeinsamen Mitteilung schreiben die Fraktionen der Mitte, SP und Grünen: «Der Kanton Luzern muss aktiv werden, um seinen Medienplatz für die Zukunft zu stärken.» Grund dafür seien die abnehmende Medienvielfalt und sinkende Einnahmen durch den stetig laufenden, digitalen Transformationsprozess.
Per Motion will etwa Kantonsrat Daniel Piazza (Mitte, Malters) von der Regierung in einem Planungsbericht erfahren, wie die Unabhängigkeit und Vielfalt der Medien im Kanton mit indirekten Massnahmen unterstützt werden kann. Dabei soll vor allem geprüft werden, wie ein Fördermodell überhaupt aussehen könnte – z.B. in Form einer Medienstiftung. «Bis auf nationaler Ebene – wenn überhaupt – neue Lösungsansätze zur Förderung der Medienvielfalt eine Mehrheit finden, kann es Jahre dauern. Insbesondere kleinere Luzerner Medientitel, die in ihrem Einzugsgebiet eine demokratiepolitisch wichtige Funktion wahrnehmen, geraten zunehmend unter Druck», heisst es im Vorstoss.
Kantonsrätin Rahel Estermann (Grüne, Luzern) fordert in ihrem Postulat, dass die Aus- und Weiterbildung von lokalen Medienschaffenden mit Anreizen – etwa einer Kostenbeteiligung – attraktiver gemacht wird. Mit dem in der Stadt Luzern ansässigen MAZ könnte damit ein wichtiger Faktor für den Bildungsstandort Luzern gestärkt werden. Estermann: «Aus- und Weiterbildungen sind zentral, damit Luzerner Medienschaffende sich das Handwerk für die multimediale und digitale Berichterstattung aneignen können. Das kommt der Bevölkerung zugute.»
In der Anfrage von Anja Meier (SP, Willisau) steht ebenfalls das MAZ im Fokus. Die Regierung soll darin grundlegende Fragen zur wirtschaftlichen und demokratiepolitischen Bedeutung des Medienausbildungszentrums für den Kanton beantworten. Und inwieweit die aktuelle und zukünftige Finanzierung aussieht. «Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die politische Meinungsbildung spielen gerade Lokal- und Regionalmedien im Kanton Luzern eine essenzielle Rolle», heisst es im Vorstoss.
Kanton Waadt spricht 6,2 Millionen Franken
In weiteren Kantonen wie etwa in Basel, Bern und Aargau ist das Thema auch auf dem Radar, zum Teil jedoch erst in der Anfangsphase. Im Aargau fordern im Kantonsparlament Grossrätinnen und -räte der Mitte, GLP, SP und EVP in einer Motion von der Regierung ein Mediengesetz. Darin sind auch Förderinstrumente vorgesehen.
In Bern wurde das Informationsgesetz so revidiert, dass Medien indirekt gefördert werden können – eine direkte Medienförderung ist nur für den französischsprachigen Kantonsteil vorgesehen.
In der Romandie – wo die Mehrheit der Stimmenden am 13. Februar für das Medienpaket gestimmt hat – zeigen sich viele Kantone engagierter. So will der Kanton Waadt über die nächsten fünf Jahren die Medien mit 6,2 Millionen Franken unterstützen.
Im Kanton Freiburg will man die Herausforderung mit einer speziellen Lösung angehen. Dort sollen Gutscheine für Jungbürger die Lösung sein. Die Idee ist, dass alle jungen Erwachsenen zum 18. Geburtstag einen Bon für ein einjähriges Zeitungsabo lokaler Medien erhalten.
Avenir Suisse: Medienförderung als Wettbewerbsverzerrung
Ganz unkritisch wird das Engagement der Kantone nicht wahrgenommen. Der liberale Think Tank Avenir Suisse sieht genau das Grundsatzproblem der Schweizer Medienpolitik in der staatlichen Förderung. Durch diese entstehen Wettbewerbsverzerrungen, die private Medien vom Markt drängen.
Avenir Suisse hat Ende Oktober die Studie «Eine Medienpolitik für das digitale Zeitalter» veröffentlicht. Darin wird die aktuelle Medienförderung als nicht mehr passend für die digitale Welt angesehen. Als Beispiel dafür gelten etwa Instrumente, wie die ermässigte Zustellung von Zeitungen durch die Post. Im Zentrum steht jedoch der öffentlich-rechtliche Runfunk SRG, welche den Grossteil der Schweizer Medienförderung auf sich konzentriert. Insbesondere im digitalen Raum – wie beispielsweise im App-Bereich – konkurrenziere die SRG private Anbieter.
Avenir Suisse argumentiert, dass die SRG langfristig zu einem Public Content Provider werden soll: Sie würde gesellschaftlich relevante Medieninhalte produzieren, welche der Markt nicht herstellt, aber diese nicht ausspielen. Die Inhalte sollen an private Medien auktioniert und anschliessend vertrieben werden. «Die Schweizer Medienpolitik ist aus der Zeit gefallen. Es braucht neue Ansätze, um die Versorgung mit demokratiepolitisch relevanten Medieninhalten sicherzustellen», sagt Co-Autor der Studie Jürg Müller.
Österreich und Dänemark stocken Medienförderung auf
Im benachbarten Ausland sieht es derweil anders aus. Anfang Oktober hat die österreichische Bundesregierung entschieden die Medienförderung mit jährlich 20 Millionen Euro zusätzlich aufzustocken. Damit soll etwa der Abwanderung von Werbegeldern auf internationale Plattformen Gegensteuer gegeben werden. Dafür müssen Medien gewisse Auflagen erfüllen, wie etwa eine Mindestanzahl Mitarbeitende. Verstösse wie Hetze, Rassismus oder Homophobie stellen dafür einen Ausschlussgrund dar. Ebenfalls an Bedingungen gebunden ist eine geplante Aufstockung der Medienförderung in Dänemark. Dort sollen nur jene Medien mehr Geld erhalten, welche tarifliche Lohn- und Arbeitsbedingungen (bis in die Subunternehmen) einhalten.