Die Abstimmung zur Umfahrung Beromünster hat Signalcharakter

Umfahrungen, um ein Dorfzentrum vom Durchgangs- und Schwerverkehr zu entlasten, sind eine gute Sache, möchte man meinen. Dabei treffen aber Welten aufeinander. Und mittendrin in diesem Spannungsfeld steckt der lokale Gewerbeverein. So passiert es gerade in Beromünster. Im Juni kommt eine 70-Millionen-Vorlage vors Volk. Der Ausgang der Abstimmung wird Signalcharakter auf ähnliche Projekte im Kanton haben.

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Was verbindet die Gemeinden Willisau und Beromünster? Beide verfügen sie über ein historisches Ortszentrum. Und was unterscheidet sie? Durch den Flecken, wie der pittoreske Teil in Beromünster heisst, donnert der Schwer- und Durchgangsverkehr, derweil die Altstadt Willisau schon seit Jahren umfahren wird.
Aber der Unterschied kann schon bald aus der Welt geschaffen werden. Am 18. Juni können die Luzernerinnen und Luzerner an der Urne grünes Licht für den Bau der Umfahrung Beromünster geben. Oder das auf 70 Millionen Franken veranschlagte Projekt ablehnen. Übersteigt ein Projekt die 25-Millionen-Schwelle, ist eine kantonale Abstimmung notwendig.

So setzen sich die Gegner des Projekts zusammen
Über die Ziele der Umfahrung Beromünster, bestehend aus einer West- und Ostumfahrung, steht auf der Website der kantonalen Dienststelle für Verkehr und Infrastruktur (vif): «Das historische Zentrum soll vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Die Umfahrung soll die Situation für die Anwohner des Fleckens sowie für die Verkehrsteilnehmenden verbessern und zu mehr Verkehrssicherheit für Schulkinder führen. Zudem kann mit einer Umfahrung der Schutz des denkmalgeschützten Ortsbildes stark verbessert werden.»
Selbstverständlich sind im Ort nicht alle für die Realisierung dieses Projektes. Unter dem Titel «Beromünster schützen» haben sich die Gegner, die sich aus IG Baukultur Beromünster, VCS Sektion Luzern, Grüne Kanton Luzern, Junge Grüne Kanton Luzern, Grüne Ortsgruppe Beromünster, Umverkehr, QuerfeldNein Hochdorf und Privatpersonen aus Beromünster zusammensetzen, formiert. Auf ihrer Homepage listen sie auf, warum sie sich gegen die Umfahrung Beromünster sträuben.

Für einen Gewerbeverein eine spannungsgeladene Situation
Bei Strassenbauprojekten dieser Art und Dimension sind es immer Welten, die aufeinander prallen. Die einen  wünschen sich attraktive Ortszentren mit einer hohen Lebensqualität, Detaillisten im Ort hingegen fürchten um ihre Existenz, wenn der Verkehr künftig um Beromünster herum geführt werden sollte. Die Gegner, die nicht selten Partikular-interessen verfolgen, legen sich vor einer Abstimmung jeweils lautstark ins Zeug. Einen lokalen Gewerbeverein kann das  in eine spannungsgeladene Situation manövrieren. Moritz Felix, Präsident des Gewerbevereins Beromünster und Umgebung, sagt dazu: «Auch bei uns stehen nicht alle hinter dieser guten Lösung. Aber grossmehrheitlich schon.» Und er verweist darauf, dass «die Anzahl Anwohner, die gegen das Projekt weibeln, an zwei Händen abzuzählen sind».

Schwegler: «Ansprüche an Mobilität wandeln sich»
Gregor Schwegler, der Kantonsingenieur, ist sich der unterschiedlichen Ansprüche von Gewerblern und Anwohnern bewusst. Das daraus entstehende Spannungsfeld erlebt er so: «Mobilität – und darum geht es bei Strassenprojekten – ist ein Grundbedürfnis unserer Gesellschaft. Die Ansprüche an die Mobilität sind sehr divers und wandeln sich. Das zeigen auch die politischen Diskussionen. Die Politik gibt den Rahmen vor und muss das Gleichgewicht zwischen den zahlreichen Erwartungen und Bedürfnissen finden.»
Für die Planung der Projekte heisst das: «Es geht oft darum, machbare Lösungen zu finden. Hier spielen zahlreiche fachliche Anforderungen und Vorgaben genauso eine Rolle wie Erwartungen der Gemeinden, der Bevölkerung oder dem Gewerbe. Ökonomische, ökologische wie soziale Aspekte müssen sich die Waage halten.»
In diesem Prozess ist für Gregor Schwegler ein Aspekt zentral: «Es ist eminent wichtig, die Direktbetroffenen und die Bevölkerung sowie Anspruchsgruppen wie das Gewerbe aktiv in die Planungen einzubinden und transparent zu informieren.»

Unterstützung von Gemeinden, die auch eine Umfahrung wollen
Dass grosse Strassenbauprojekte beim Stimmvolk des Kantons Luzern durchaus gute Chance auf eine Realisierung besitzen, zeigen die beiden aktuellen Baustellen im Ränggloch zwischen Kriens und Luzern sowie der Lammschlucht in den Gemeinden Schüpfheim und Escholzmatt-Marbach. In beiden Abstimmungen fiel die Zustimmung mit über 80 Prozent deutlich aus. Der Abstimmung zur Umfahrung Beromünster blickt Moritz Felix zuversichtlich entgegen: «Ich bin mir zu 70 Prozent sicher, dass das Projekt vom Volk angenommen wird.»

Sein Wort in Gottes Ohr, mag man sich in Wolhusen (siehe Artikel auf Seite 13), Eschenbach oder Hochdorf denken. Auch in diesen Luzerner Gemeinden steht ein grosses Umfahrungsprojekt in der Pipeline. Darum kommt der Abstimmung in Beromünster Signalcharakter zu.  «Rein vom Verkehrsaufkommen her hätten wir nicht das Anrecht, dass die Umfahrung Beromünster nur noch eine letzte Hürde zur Realisierung nehmen muss. Denn die Frequenzen sind in Hochdorf, Eschenbach und Wolhusen höher», weiss Moritz Felix. Aus diesen Gemeinden werden die Befürworter der Umfahrung Beromünster einiges an Unterstützung bei der Abstimmung bekommen. «Das ist mir zugesichert worden, weil auch sie ihre Umfahrung realisiert haben wollen», sagt er.

Planungsphase kostet viel Zeit und verschlingt Millionen
In Hochdorf, Eschenbach oder Wolhusen wird die Planungsphase aber noch Zeit beanspruchen. Bei diesen Projekten handele es sich um Vorstudien, sogenannte Zweckmässigkeitsbeurteilungen, sagt Gregor Schwegler und erläutert: «Dabei werden verschiedene Varianten, um ein Verkehrsproblem zu lösen, entwickelt und beurteilt. Daraus resultiert eine fachliche Empfehlung für die weitere Projekterarbeitung.»

Das Bauprogramm für die Luzerner Kantonsstrassen mit einer Gesamtlänge von exakt 523,387 Kilometer, das alle vier Jahre vom Kantonsrat beschlossen wird, bildet alle Projekte ab und priorisiert diese. Über 100 Projekte sind im Topf A, darunter auch die vor der Volksabstimmung stehende Umfahrung Beromünster. «Diese Projekte bearbeiten wir in erster Priorität», sagt Schwegler und ergänzt: «Die Planungsphase der Projekte kann einige Jahre in Anspruch nehmen. Von der Vorstudie über das Auflageprojekt bis zum bewilligten Bauprojekt ist es ein komplexer, oft langer Prozess.» Neben dem Topf A gibt es noch die Töpfe B und C, in denen gesamthaft nochmals weitere 110 Projekte stecken.
Der Prozess in all diesen Projekten beansprucht aber nicht nur viel Zeit, sondern verursacht auch Planungskosten in Millionenhöhe. Nicht zuletzt aus diesem Grund sagt Moritz Felix: «Verhinderungspolitik finde ich schlimm.»

Bei einem Ja zur Umfahrung erfolgt der Baustart 2025
Die Realisierung der Umfahrung hätte zur Folge, dass der Flecken zu einer 30er Zone und zu einer Gemeindestrasse werden kann. Diesen Auswirkungen gewinnt Moritz Felix Positives ab: «Die Zufahrt für Zubringer ist weiterhin gewährleistet. Doch im Gegensatz zu heute wird es für die Restaurationsbetriebe einfacher sein, rauszutischen.»
Doch der Flecken soll im Sommer nicht «wie die Surseer Altstadt zu einer Festmeile werden. Jedoch gilt es, unserem schönen Ortszentrum neues Leben einzuhauchen», bemerkt Felix, der für die Mitte-Partei aktiv ist.
Aber seine Vorstellung der nahen Zukunft im Flecken bedarf noch der Zustimmung des Luzerner Stimmvolkes. Erfolgt diese, ziehen noch einige Monate ins Michelsamt, bis die Bagger auffahren werden. «Nach Ausarbeitung des Ausführungsprojektes und der Beschaffung der Bauunternehmung ist der frühestmögliche Baustart für 2025  geplant», steht auf der Homepage der zuständigen vif. Die Bauzeit soll sich über drei bis vier Jahre erstrecken.   

Wolhusens Gemeindepräsident seufzt: «Unser Projekt ist ja älter als ich es selbst bin»

Schon seit einer gefühlten Ewigkeit ist ein Umfahrungsprojekt auch in der Gemeinde Wolhusen ein Thema. Durch eine Umfahrung der Ortschaft, die als Verkehrsdrehscheibe zwischen Luzern, dem Entlebuch und dem Luzerner Hinterland fungiert, soll das Dorfzentrum entlastet und der Durchgangsverkehr um Wolhusen herumgeführt werden. Das ambitionierte Vorhaben ploppt in der Region in und um Wolhusen immer wieder auf – doch es hat einen schweren Stand. Im Komitee «IG Umfahrung Wolhusen», das 2013 gegründet wurde, ist davon die Rede, dass eine Umfahrung im Ort schon vor über 60 Jahren erstmals thematisiert wurde – anders als aber beispielsweise im benachbarten Willisau liegt es bis zum heutigen Tag brach.
Immerhin kam im vergangenen Jahr mal wieder etwas Bewegung in die Sache – wenn auch in relativ bescheidenem Ausmass: Die angestrebte Umfahrung hat es in eine «Zweckmässigkeitsbeurteilung» (kurz ZMB) des Kantons geschafft. Dieser will das Projekt «in einem dreistufigen Verfahren» beurteilen – unter Einbezug einer Begleitgruppe, wie der Entlebucher Anzeiger im Januar 2022 berichtete.
Im Rahmen der ZMB soll also – man ist versucht zu sagen: mal wieder –
«genau hingeschaut» und die Grundsatzfrage gestellt werden, «ob die Umfahrung Sinn macht». Klar ist, dass es dabei in erster Linie ums Geld geht. Denn beim Wolhuser Vorhaben ist mit einer Investition von über hundert Millionen Franken zu rechnen. Eine stattliche Hausnummer, dessen sind sich auch die Verantwortlichen vor Ort bewusst.

Priorisierung des Kantons sorgt für irritation
Dennoch herrscht bei ihnen Irritation. Denn: Immer wieder werden seitens des Kantons andere Projekte priorisiert und vorgezogen – schon wenn es nur um die konkrete Prüfung einer Machbarkeit geht. Eines davon ist – eben – Hochdorf, ein weiteres betrifft Eschenbach. Beide wurden im Rahmen einer ZMB vom Kanton bevorzugt behandelt. Die Umfahrung in Wolhusen hingegen – so zumindest ist der Eindruck im Dorf – wird auf die lange Bank geschoben. «Die Pläne für eine Umfahrung von Wolhusen sind ja älter als ich es selbst bin!», fasst Gemeindepräsident Bruno Duss den Unmut über die stiefmütterliche Behandlung des Anliegens zusammen. Duss hat Jahrgang 1958…

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